Richterin und Anwalt geraten in Streit
Der Prozess um Gewalt und geraubte Drogen geht weiter. Neue Zeugen sollen Licht ins Dunkel bringen.
Tönisvorst. Der vierte Verhandlungstag vor der ersten Großen Strafkammer des Krefelder Landgerichts brachte zwar nicht das Urteil im Prozess um die Gewalttaten bei der Wiederbeschaffung von 1,6 Kilogramm Marihuana (die WZ berichtete), dafür aber eine heftige Auseinandersetzung zwischen Richterin und Anwalt.
Nachdem dieser erfahren hatte, dass die Richterin am 4. Juli zwei neue Zeugen befragen möchte, forderte er eine Aussetzung des Verfahrens, um sich länger auf die neue Situation vorbereiten zu können.
Eine Aussetzung würde bedeuten, dass das Verfahren neu aufgerollt werden muss und die bisherigen Verhandlungstage umsonst waren.
Außerdem hatte die Richterin den Anwalt aufgefordert, seinen Mandanten, der aus Tönisvorst stammt, zu einem Geständnis zu bewegen, wenn der Hauptangeklagte eventuell den Vorteil einer Strafmilderung in Anspruch nehmen wolle.
Schließlich drohe ihm sonst eine Haftstrafe von mindestens fünf Jahren, falls das Gericht von schwerer räuberischer Erpressung ausgehe.
Als der Anwalt nach einem Entgegenkommen beim Strafmaß fragte, wies ihn die Richterin zurecht: „Was erwarten Sie von uns, einen Deal?“ Die Kammer handele keine Strafen vorher aus. Bisher habe sie sich mit „uneingeschränkter Neinsagerei“ begnügen müssen.
Außerdem könne bei dem Angeklagten noch Jugendstrafrecht angewendet werden, was aber eine erzieherische Wirkung voraussetze. Wer Strafmilderung wolle, müsse mit der Wahrheit in Vorleistung treten. Das gelte auch für den Mitangeklagten.
Nach einer Beratungspause schmetterte das Gericht den Antrag auf Aussetzung als ab. Zwei Wochen Vorbereitung müssten genügen, zumal der Anwalt bereits Akteneinsicht gehabt habe.
Der Hauptangeklagte sagte aus, dass die mit Marihuana gefüllte Tasche, die in der Wohnung des Mitangeklagten gefunden wurde, ihm nicht gehöre und er deren Inhalt nicht kannte. Die Richterin belehrte ihn, keinen Kontakt zu anderen Zeugen aufzunehmen, da sonst erneut ein Haftbefehl drohe.