Schiefbahn: Ein Abend voll von Weisheit
Im KaffeeArt ließen Claudia Dölker und Hartmut Scheyhing die Kultur des Jiddischen auf faszinierende Weise wieder aufleben.
Schiefbahn. Jiddische Lieder und Geschichten bekommt man nicht überall zu hören - so war es kein Wunder, dass Claudia Dölker und Hartmut Scheyhing mit ihrem Programm "Huljet Kinderlech" am Samstagabend für ein ausverkauftes KaffeeArt sorgten. Ihre Begeisterung für diese alte, kaum beachtete Kultur war ansteckend. Freud’ und Leid liegen eng beieinander, Lebensfreude und Traurigkeit zugleich prägen die Musik.
Claudia Dölker und Hartmut Scheyhing vom Schlossfestspiel-Ensemble, die nicht nur auf der Bühne ein Paar sind, hatten ihren Auftritt perfekt aufeinander abgestimmt. Und sie erleichterten dem Publikum geschickt die Auseinandersetzung mit einer nur vermeintlich fremden Materie:
"Wussten Sie eigentlich, dass Sie des Jiddischen mächtig sind?", fragte Claudia Dölker und erinnerte daran, dass Begriffe wie "Moos" und "Kies" für Geld und "pleite" Begriffe aus dem Jiddischen sind. Und "Hals- und Beinbruch" basiere auf den Begriffen Glück (Hazloche) und Segen (Broche).
Jiddische Musik als Mittel der Selbsterhaltung, geprägt von Traurigkeit und Melancholie, aber auch von vitalem Trotz und von Lebenslust - die Besucher im KaffeeArt erlebten die gesamte Bandbreite - auch die bedrückende Situation im Ghetto von Krakau und in den Konzentrationslagern.
Es war nicht nur ein vergnüglicher, kurzweiliger, sondern auch ein lehrreicher Abend. So sang Claudia Dölker unter anderem Niguen - Lieder, bei denen bewusst auf Text verzichtet wurde.
Und da waren die Geschichten, die die Schauspieler vortrugen - Geschichten von Noah beispielsweise, einem eher hölzernen Typen, der von Gott den Auftrag bekommen hatte, eine Arche zu bauen. Außerdem hörte das Publikum mit "Der Uhrmacher" einen Text von Bella Chagall.
Die Ehefrau des berühmten Malers hatte die jiddische Literatur des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst. "Der Tag ist voller Blumen, doch uns sieht nur die Nacht": Die Situation im Krakauer Ghetto wurde auf gespenstische Weise lebendig. Und wie heißt es in "Das Kälbl", einem der bekanntesten jiddischen Lieder, so schön: "Wer Flügel hat, fliegt auf und davon und ist keines Menschen Knecht."
Die bekannten Wörter, die aus dem Jiddischen stammen, reichten jedoch nicht, um alle Texte zu verstehen. Die Faszination, die von diesem Abend ausging, konnte das aber nicht schmälern.