Schiefbahn: Raumausstattung von Bongartz besteht seit 100 Jahren Kreatives Glück in Schiefbahn

Schiefbahn · Das Unternehmen Raumausstattung von Bongartz besteht seit 100 Jahren.

Dieter und Birgit von Bongartz feierten das Jubiläum des Unternehmens am vergangenen Wochenende.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Das Ehepaar von Bongartz hat in diesen Tagen gleich zwei Gründe zum Feiern. So freuen sich die beiden Neersener mit Unternehmen in Schiefbahn über die kürzlich getroffene Entscheidung der Bundespolitik, die 2004 abgeschaffte Meisterpflicht wieder in zwölf Handwerksberufen einzuführen. Neben Fliesenleger und Parkettspezialisten gehört der Raumausstatter dazu. Für dieses Gewerk trägt Dieter von Bongartz (54) den Meistertitel. Ohne die Meisterpflicht sei es in den vergangenen Jahren unter anderem schwierig gewesen, Nachwuchskräfte zu finden, sagt seine Frau Birgit (52). Der Beruf hätte in der Jobberatung bei jungen Leuten nicht mehr die selbe Beachtung gefunden wie zuvor, meint sie. Das werde sich nun wieder ändern. Aktuell ist von den drei Ausbildungsplätzen einer besetzt. Eine Mitarbeiterin bildet sich an der Kölner Möbelfachschule zur Einrichtungsberaterin weiter.

Den zweiten Grund, die Korken knallen zu lassen, liefert der Schiefbahner Betrieb selbst. Die Raumausstattung von Bongartz ist in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Offiziell gefeiert wurde das am vergangenen Samstag mit zahlreichen Gästen aus Politik, Verwaltung und Handwerk.

Im Schaufenster des Raumausstatters hängt im XXL-Format die Gewerbeanmeldung des Geschäftsgründers Johann von Bongartz. Am 17. Juli 1919 eröffnete er in Krefeld seine Sattlerei und Polsterei und legte damit das Fundament für die unternehmerische Erfolgsgeschichte. 1948 startete Sohn Jakob von Bongartz als Polsterer und Dekorateur an der Hochstraße in Schiefbahn mit seinem Geschäft. Dessen Sohn Hans machte dort 1960 die Meisterprüfung zum Polsterer und Dekorateur und übernahm 1975 das Unternehmen seines Vaters. Dieter von Bongartz machte es ihm nach: In vierter Generation führt er als gelernter Raumausstatter seit 1995 gemeinsam mit seiner Ehefrau das Unternehmen.

Ehepaar musste früher in die
Verantwortung als geplant

Birgit von Bongartz war gelernte kaufmännische Angestellte, als sie ihren Mann kennenlernte. Für ihn war klar: Wenn sie heiraten, dann führen sie ihr Geschäft gemeinsam fort, so wie seine Eltern und Großeltern. Auch für Birgit von Bongartz stand fest, dass sie ihre beruflichen Erfahrungen professionell in das Unternehmen einbringen will. So begann sie als junge Ehefrau des Juniorchefs 1994 zunächst als Auszubildende im Betrieb. Die plötzliche Erkrankung und der überraschende Tod von Hans von Bongartz führten dazu, dass das junge Paar viel schneller als geplant die Geschäfte übernehmen musste.

Seit 1990 existiert das Ladenlokal an der Tupsheide. 2011 kam der zweite Standort in Viersen hinzu. Die Raumausstatter bieten von der ersten Idee, der umfassenden Beratung, der genauen Planung bis hin zu Möbeln, Tapeten, Gardinen, Teppichböden, Sonnen- und Insektenschutz oder neu gepolsterten Sesseln oder Sofas ein umfassendes Paket.

Zehn Mitarbeiter gehören zum Team von Birgit und Dieter von Bongartz. 2015 haben sie die Gruppe aus Raumausstattern, Polsterern und Kaufleuten um eine weitere Expertise erweitert: Desiree Freund ist Innenarchitektin.

Der heutige Chef wusste bereits als Elfjähriger, dass er die Tradition fortführen wollte. Nach der Schule liebäugelte er mit dem Gedanken, Innenarchitektur zu studieren, aber die Ausbildung zum Raumausstatter im väterlichen Betrieb war für ihn ein Glücksfall: „Ich wollte nie etwas anderes machen. Gemeinsam mit meiner Frau unser Geschäft seit fast 25 Jahren aufzubauen, das ist für mich das größte Glück.“ Er ist der Kreative und der „Außenminister“, sie ordnet und hält alles zusammen. Zudem sei sie, so Dieter von Bongartz, sein „Trüffelsuchschwein“. Wenn er in einer Beratung Ideen entwickelt hat, ist es ihre Aufgabe, die passenden Stoffe oder Möbel zu finden.

Mit der Expansion 2011 haben sie ihr Unternehmen neu aufgestellt. Sie haben ihr Ladenlokal neu eingerichtet, arbeiten verstärkt mit einem Einkaufsverband zusammen und sind in den sozialen Medien aktiv. Viele ihrer Kunden haben sie über das Internet gefunden. Auch ausgefallene Projekte hat das Ehepaar betreut, so zum Beispiel den Ausbau einer Segelyacht oder die Gestaltung eines Ferienhauses auf Mallorca. Die Zukunft ihres Geschäftsmodells liegt laut der Unternehmerin nicht mehr nur in der reinen handwerklichen Leistung, sondern in der vollständigen Einrichtung ganzer Räume und Gebäude.

Ein Jubiläum dieser Art wirft immer auch die Frage nach der Unternehmensnachfolge auf. Aus der Familie gebe es zwar keinen Nachwuchs, „aber vielleicht aus den Reihen der Mitarbeiter“, sagt  Birgit von Bongartz. „Aber bis dahin ist ja noch Zeit.“