Willich Schüler reisen wieder in die USA
Der Austausch des Lise-Meitner- Gymnasiums mit der Riley-Highschool in South Bend/Indiana geht ins 14. Jahr.
Anrath. „For sale! „Zu verkaufen!“. Iris Edelbrock erinnert sich noch gut an die Schilder vor vielen Häusern in South Bend/Indiana, als deren Bewohner sie sich mitten in der Finanzkrise plötzlich nicht mehr leisten konnten. Neue Besitzer nicht in Sicht.
Bilder aus 2009 sind das, abgespeichert im großen Fundus an Erinnerungen an Aufenthalte von Anrather Schülern in den USA. Fast immer in Begleitung von Englischlehrerin Iris Edelbrock, die 2004 am Lise-Meitner-Gymnasium das GAPP-Programm (siehe Kasten) ans Laufen gebracht hat und sich seither hüben wie drüben dafür einsetzt, dass diese Partnerschaft an Beständigkeit und Selbstverständlichkeit gewinnt. Oder wenigstens nicht verliert.
„Die Finanzkrise in den USA war ein Alptraum für den Ort“, erzählt sie. Edelbrock verfolgt die Aufs und Abs von South Bend, einer Stadt vergleichbar mit Mönchengladbach, seit 13 Jahren. „Viele Leerstände gab es damals im Zentrum. Die Stadt wirkte bei unserem Besuch 2009 gespenstisch leer.“ Nur Shopping-Malls gaben ein Lebenszeichen.
Die Furcht davor, nach zwei erfolgreichen Besuchen und Gegenbesuchen in Amerika durch die Krise in den ungeraden Jahren nicht genügend Gastgeber mehr zu finden, hat sich schließlich als unbegründet herausgestellt. Die amerikanischen Kollegen setzen sich nach wie vor sehr dafür ein. „Es ist eine Riesenanstrengung. Aber die Amerikaner zeigen eine große Offenheit, öffnen die Tür, auch wenn das Geld knapp ist.“ Jetzt steht der siebte Besuch von Anrather Gymnasiasten unmittelbar bevor.
Den deutschen Besuchern ist der herzliche Empfang sicher. South Bend hat deutsche Wurzeln. Trotzdem ist Deutsch als Unterrichtsfach an der Riley-Highschool keine Selbstverständlichkeit. Zwischen 2005 und 2009 suchte man das Fach im Stundenplan vergebens. Es wird mittlerweile wieder unterrichtet. Das ist auch den engagierten Anrather Schülern zu verdanken, die mit Mini-Deutschkursen und einem gebastelten Lexikon Reklame für die Sprache gemacht haben. Iris Edelbrock sagt nicht ohne Stolz: „Wir haben es wieder hingekriegt.“
Zurzeit bereitet sie die Anrather Reise-Gruppe auf ihren Aufenthalt in die USA vor. 14 Schüler, elf Mädchen, drei Jungen, werden dabei sein. Das sind weniger als üblich und möglich. Sechs mehr hätten es sein können. Ob es daran liegt, dass diesmal New York als Reiseziel am Ende der Fahrt nicht mehr angesteuert wird oder an der gegenwärtigen Politik, an Trump, an Geld . . . das weiß Iris Edelbrock nicht.
Politisch halten sie und ihre Organisationskollegen auf der amerikanischen Seite sich regelmäßig auf dem Laufenden. „Ist schon interessant“, sagt Edelbrock, „wir haben die USA zu Zeiten der Präsidenten Bush, Obama und jetzt Trump erlebt, die Amerikaner nur Merkel.“
South Bend, sagt Iris Edelbrock, sei eher konservativ, ländlich, republikanisch geprägt. Im Gegensatz zu Anrath, das mehr als 1000 Jahre zählt, ist der Ort jung. Anno 1831. Die Brüder Studebaker ließen sich dort nieder und gründeten die Studebaker Fahrzeugbetriebe. Das ist für South Bend Historie. Iris Edelbrock: „1000 Jahre Anrath — da sind die Amerikaner hin und weg!“
Die Großzügigkeit der Amerikaner schätzt Iris Edelbrock sehr. „Und ihre Anspruchslosigkeit“, fügt sie hinzu. Ein jährlicher Urlaub, das sei für viele Bürger nicht drin. Das sind Hinweise, die in den Vorbereitungstreffen mit den Schülern besprochen werden.
Das Programm für den dreieinhalbwöchigen Aufenthalt in Indiana steht. Abflug ist am 28. September ab Düsseldorf. Neben der Zeit in und mit dem Familien und den Unterrichtstagen stehen Museumsbesuche an. Sie sollen die Themen Demokratie und Bürgerrechte vertiefen: so im Civil Rights Heritage Center, ein Museum, das in einem ehemaligen Hallenbad eingerichtet wurde. Christiane Uerschels, Lehrerin für Englisch und Französisch, wird ihre Kollegin Edelbrock und die Schüler begleiten.
Das Anrather Gymnasium schlägt damit das nächste amerikanische Kapitel auf. Und auch diese Fahrt wird — wie die vielen anderen deutsch-amerikanischen Treffen — mit Fotos und Texten dokumentiert werden. South Bend — mal sehen, wie es sich im Vergleich zum letzten Besuch verändert hat. Anrath jedenfalls hat mit dem Austauschprogramm längst einen Platz in seiner Stadtgeschichte. For ever.