Willich SPD kämpft für das Archiv
Markus Gather ruft Bürger auf Facebook zur Unterstützung auf, um das Archiv in Willich zu halten. Im Rat wird nächsten Mittwoch diskutiert.
Willich. „Unser Stadtarchiv muss in Willich bleiben.“ Das fordert die SPD mit Blick auf die Ratssitzung am nächsten Mittwoch. Dort steht ein gemeinsamer Antrag von CDU, FDP und Grünen auf der Tagesordnung, der die Aufgabe des eigenen Stadtarchivs zur Folge haben könnte. In dem Antrag geht es darum, mit dem Kreis Viersen Verhandlungen über den möglichen Umzug des Stadt- ins geplante neue Kreisarchiv in Dülken aufzunehmen. SPD-Ratsherr Markus Gather hat auf Facebook deshalb eine Kampagne zum Erhalt des Stadtarchivs gestartet.
Die SPD-Fraktion hat sich am Dienstag das Archiv im St. Bernhard-Komplex angeschaut. Archivar Udo Holzenthal führte durch die Räume — so wie kürzlich bei einem ähnlichen Besuch der CDU. Er erläuterte die Aufgabe eines Archivs, die aus dem Bewahren und Vermitteln besteht.
Eine weitere Erkenntnis gibt der SPD-Fraktionsvorsitzende Bernd-Dieter Röhrscheid wieder: „Das klimatisierte Endarchiv benötigt deutlich weniger Platz als das Zwischenarchiv.“ Die Unterbringung des bisher in der Kempener Burg gelagerten Archivmaterials aus Willich vor 1970 in demnächst frei werdenden Kellerräumen in Schiefbahn sei also problemlos möglich. „Dazu sind keine riesigen Investitionen nötig“, sagt Röhrscheid.
Der SPD-Politiker war Lehrer am St. Bernhard-Gymnasium und ist beim Heimatverein engagiert. Von daher liegt ihm die Bildungspartnerschaft, die Schule und Verein mit dem Archiv unterhalten, am Herzen. Er berichtet von 15 bis 20 Fach- und Hausarbeiten im Jahr von Schülern. Pro Arbeit seien zwei bis drei Termine im Archiv notwendig. Sehr viel mehr seien es bei Großprojekten wie etwa zur Erforschung der Geschichte der Juden in der Stadt (mittlerweile abgeschlossen) oder zum Schicksal der Vertriebenen, die nach dem Zweiten Weltkrieg Bürger von Willich wurden. Bei diesem laufenden Projekt, bei dem auch der Bürgerverein Anrath beteiligt ist, mussten allein die Namen von 6000 Personen digitalisiert werden.
Laut Röhrscheid macht es keinen Sinn, dies alles ohne Not aufzugeben. Denn „eine komplette Digitalisierung des Stadtarchivs würde bis zu zehn Jahre dauern“, schätzt er mit Blick auf ein entsprechendes Angebot von Landrat Andreas Coenen. Dieser möchte die Willicher Archivbestände gerne ins neue Kreisarchiv holen. Als „Überzeugungs-Bonbon“ hat er zusätzlich den Einsatz eines „Archiv-Koffers“ an den Schulen und einen Archiv-Bus nach Dülken ins Gespräch gebracht.
Markus Gather, SPD
Aus Sicht der SPD ist das alles viel zu wenig. „Willicher, Anrather, Schiefbahner und Neersener — lasst euch eure Vergangenheit nicht stehlen!!“, heißt es deshalb auf der Facebook-Seite des stellvertretenden Bürgermeisters Markus Gather. Er ruft die Bürger dazu auf, beim Erhalt des Archivs zu helfen und prangert die „Wendehälse“ aus den anderen Parteien an. Gather hat darauf viele Reaktionen bekommen.
So von Ulrich Bons, der postet: „Wenn man ein Archiv verwaltet — ich das Anrather Pfarrarchiv seit 1978 — dann weiß man, dass es unbezahlbar ist, wenn dieses vor Ort bleibt und geführt wird.“ Franz Auling (CDU) betont mit Blick auf die Ratssitzung: „Ich bin sicher, dass auch die angeblichen Wendehälse nur das gemeinsame Ziel der Erhaltung der erfolgreichen Archiv-pädagogischen Weiterbildung im Auge haben werden.“ Franz-Josef Stapel (FDP) schreibt: „Nicht alles, was wirtschaftlich begründet wird, muss für eine Gesellschaft richtig sein. Unsere Identität fällt darunter und sollte nicht verhandelbar sein.“
Laut Röhrscheid wird die SPD nächste Woche auf jeden Fall an dem Ratsbeschluss vom Herbst 2016 festhalten. Damals gab es von allen Fraktionen ein Bekenntnis zum Stadtarchiv. Sollte die SPD jetzt überstimmt werden, wolle sie sich aber in die Verhandlungen mit dem Kreis einbringen, um aus Willicher Sicht ein möglichst gutes Ergebnis erzielen zu können. „Man könnte ja zum Beispiel das Archiv in Schiefbahn belassen, bis die Digitalisierung seiner Bestände abgeschlossen ist“, schlägt Röhrscheid vor. Der jetzige Zustand wäre damit für Jahre gesichert.