Süchtelner Straße: 263 Fahrzeuge in einer halben Stunde

Auf der Süchtelner Straße in Vorst fordern die Anwohner Beruhigungsmaßnahmen von der zuständigen Behörde Straßen NRW.

Foto: Kurt Lübke

Vorst. Wwwumm. Wwwumm. Wwwumm. Wwwumm. Vier Fahrzeuge haben gerade, wie an einer Kette aufgereiht, die Parkbucht an der Süchtelner Straße in Höhe Hausnummer 59 in Vorst passiert. Drei Pkw, ein Lieferwagen. Das macht vier Striche auf der Liste. Es ist Dienstagmorgen, kurz vor zehn Uhr.

Die Bilanz nach der spontanen halbstündigen Verkehrszählung: 223 Pkw, 27 Lieferwagen, elf Lkw, ein Bus und ein Motorrad fuhren an der Stelle vorbei — macht 263 Fahrzeuge in 30 Minuten. Ein halbes Dutzend der Fahrer war in dieser Zeit — auch ohne Radarmessung erkennbar — schneller als die dort erlaubten 50 km/h. Dann ist das Wwwumm deutlich lauter vernehmbar.

Diese Zählung war nicht repräsentativ. Andere haben das Verkehrsaufkommen auf der L 475 verlässlicher beziffert. Offizielle Zahlen, erhoben im Jahr 2010, liegen für die Landstraße und ihren Abschnitt Süchtelner Straße/Stadtteil Vorst vor. Es handelt sich um eine sogenannte Hauptverkehrsstraße, für die nicht die Stadt Tönisvorst, sondern Straßen NRW als Straßenbaulastträger zuständig ist.

Mehr als drei Millionen Kfz pro Jahr befahren diese West-Ost-Tangente zwischen Vorst und St. Tönis. Ehepaar Fladt erlebt das vor Ort tagtäglich: „Morgens um halb acht brauche ich oft zehn Minuten, um aus der Ausfahrt zu kommen“, erzählt die Vorsterin.

Wie sehr und wie hoch sie als Anwohner von Verkehrslärm betroffen sind, können die Fladts wie jedermann auf einer interaktiven Karten im Internet ablesen. Auf www.umgebungslaerm.nrw.de ist die belastete Süchtelner Straße in Vorst als rote Linie eingezeichnet. Jeder Anwohner kann auf der Karte grundstücksscharf anklicken, wie viel Dezibel er tagsüber und nachts hört. Belegt ist die Belastung im Lärmaktionsplan vom 15. Juli, der jüngst Thema im Bauausschuss war.

Ehepaar Fladt lebt seit Jahrzehnten an der Süchtelner Straße und mahnt seit Jahren Maßnahmen an. Die Stadt hatte nach wiederholten Beschwerden von Anwohnern Straßen NRW um eine differenzierte Ermittlung und Bewertung der örtlichen Lärmsituation und Maßnahmen zur Lärmminderung gebeten.

Das Ergebnis: In absehbarer Zeit ist nicht mit einer Verlegung eines neuen, lärmmindernden Fahrbahnbelages zu rechnen. Der gute Zustand der Straßenoberfläche erfordert keine Sanierung. Und ein lärmmindernder Straßenbelag, erklärte Ordnungsamtsleiter Wolfgang Schouten schon in einer früheren Bauausschuss-Sitzung, sei nur für Straßen vorgesehen, auf denen die durchschnittliche Geschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt. Das trifft auf die Süchtelner Straße nicht zu.

Wiederholte Geschwindigkeitsmessungen auf der Süchtelner Straße hatten nur geringfügig wenig Verstöße gegen Tempo 50 ergeben.

Eine Sperrung für den Schwerverkehr hat Straßen NRW für die Süchtelner Straße ebenso geprüft. Eine solche Maßnahme ziehe auf Dauer eine Nutzungsänderung der Landstraße nach sich, „die im Ergebnis eine Entwidmung der Straße bedeuten würde“. Abgelehnt.

Mögliche Maßnahme Nummer drei — die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit von Tempo 50 auf 30 km/h — hat Straßen NRW als unverhältnismäßig erachtet.

Schoutens zwischenzeitliche Anfrage beim Kreis Viersen, ob ein Starenkasten an der Süchtelner Straße installiert werden könne, wurde so beantwortet: Laut Kreisbeschluss könne „nur eine stationäre Geschwindigkeitsmessstelle pro Stadt installiert werden“. Dieser Starenkasten steht aber auf Tönisvorster Stadtgebiet, an der Vorster Straße.

Bleibt Anwohnern wie dem Ehepaar Flath nun die Möglichkeit, einen Antrag „auf Überprüfung der Lärmsituation und Bezuschussung der Schutzmaßnahme im Bereich des Wohnhauses an Straßen NRW zu richten. Heißt im Klartext: Auf Zuschüsse für eine Klimaanlage oder neue Fenster hoffen. Das verringert zwar nicht die Anzahl der Wwwwumms, aber es dämpft sie.