Tönisvorst: „Eklatante bauliche Vorwürfe“
Immer mehr Schüler kehren St. Tönis offenbar nach Klasse 4 den Rücken. Ihre Eltern kritisieren unübersehbare bauliche Mängel und die fehlende Sauberkeit in den Schulen.
Tönisvorst. "Was machen wir falsch? Warum melden so viele Eltern ihre Kinder nicht an den weiterführenden Schulen in St. Tönis an?" Maik Giesen hat die Prognose des Schulentwicklungsplans 2004 mit den tatsächlichen Übergangszahlen von August 2008 verglichen und ein sattes Minus von 90 Schülern ausgemacht. Wie ist dieser Schwund zu erklären, fragt der schulpolitische Sprecher der CDU.
Antworten erwartet er durch eine gezielte Befragung der Eltern, die ihre Kinder in Krefeld oder Viersen eingeschult haben. Paul Birnbrich, Leiter des Michael-Ende-Gymnasiums, glaubt, die Gründe sicher zu wissen: Der bauliche Ist-Zustand und die mangelnde Sauberkeit der weiterführenden Schulen in Tönisvorst schrecken ab.
"Eklatante bauliche Vorwürfe" nennt Birnbrich das, was ihm viele Eltern bei einer anonymen Befragung zu verstehen gegeben haben. Ins Detail geht er im Ausschuss nicht.
Das hat er aber offenbar in einem Gespräch mit Bürgermeister Albert Schwarz getan. Der schätzt die von Giesen genannte Zahl von 90 Abkehrern zwar als deutlich zu hoch ein, räumt aber ein Schüler-Minus von etwa 45 ein. Schwarz spricht Klartext: "Andere Schulen in anderen Städten sind besser ausgestattet." Er kritisiert: "Es sind in den vergangenen Jahren nicht genügend Haushaltsmittel aufgewandt worden. Hier durchgerostete Fenster am Gymnasium, dort was anderes. Daran hapert es."
Die weiterführenden Schulen in der Stadt seien 30, 35 Jahre alt. "Wir müssen sie dringend überholen und zukunftsfähig machen." Deshalb sei man gerade dabei, ein Konzept zu entwickeln. "Das wird in der Haushaltsberatung ein wichtiges Thema sein." Monika Röttsches, Leiterin der Realschule, sieht auch den Ganztags-Schulbetrieb woanders als einen Grund dafür, warum "viele Schüler abwandern". Und der Schulbusverkehr sei teilweise ungünstiger als der Öffentliche Personennahverkehr. "Die Vorster kommen einfacher nach Viersen zur Gesamtschule als zu uns."
Schwarz selbst bringt den Hinweis auf Kinder aus dem St. Töniser Seidenviertel an. "Die wohnen an der Straßenbahn Richtung Krefeld." Helmut Drüggen (CDU) holt mit Blick auf finanzielle Versäumnisse zu einem Seitenhieb gegen den Ex-Kämmerer Hans Gerd Peters aus: "Wir alle kennen doch die Sparsamkeit unseres ehemaligen Kämmerers." Er forderte: "Eine Mängelliste muss nun auf den Tisch. Welche Mittel brauchen wir, um die Schäden abzustellen?"
Schulleiter Birnbrich will zur nächsten Sitzung die Mängel an seinem Gymnasium "in einer hierarchischen Auflistung" vorlegen. Möglicherweise wird darüber nichtöffentlich gesprochen. In dieser Sitzung soll über die CDU-Idee der Elternbefragung, die auch Peter Lindackers von Bündnis 90/Die Grünen befürwortet, noch einmal nachgedacht werden.
Christa Vossdahls lehnt sie für die SPD ab, sieht den Datenschutz verletzt. Julia Schmitz (FDP) regt an, eher die Eltern der Viertklässler zu befragen. Bürgermeister Albert Schwarz indes will handeln: "Eine solche Befragung brächte nur unsere Schulen in Misskredit." Eine Rufschädigung will er unter allen Umständen verhindern. Auch eine Form der Schadens-Begrenzung in Tönisvorst.