Willich: Mit Freunden auf dem Sofa

Engagement: Ursula Rapp und Maria Funken begleiten Flüchtlingsfamilien in Willich.

Willich. Der Vorgarten kann sich sehen lassen. "Wie ordentlich der Rasen gemäht ist: Das habt Ihr doch nicht nur gemacht, weil ich vorbeikomme?" Ursula Rapp ist stolz auf ihre Schützlinge. Sara Mohammad und ihre älteste Tochter Esra lächeln etwas verlegen. Vorgarten?

So etwas gab es in ihrer Heimat, dem Irak nicht. Und doch haben sie sich irgendwie dran gewöhnt. Das Häuschen, das die siebenköpfige Familie in Neersen bewohnt, unterscheidet sich von außen nicht groß von denen der Nachbarn. Und Ursula Rapp hat ihren Teil dazu beigetragen.

Seit 1991 begleitet sie für die Caritas Flüchtlingsfamilien in Willich. Die Mohammads kennt die 60-Jährige seit 2002. Die Kinder hat sie aufwachsen sehen, dafür gesorgt, dass sich die Familie auch fern der Heimat heimisch fühlt. Im Bekanntenkreis erntet sie für ihre - ehrenamtliche - Arbeit nicht nur Beifall. "Warum tust Du das überhaupt?", wird sie manchmal gefragt.

"Einige können das nicht verstehen", sagt sie. Vorurteile gibt es, von wegen, "diese Ausländer." Reinfälle habe sie auch erlebt, "wo ich mich ausgenutzt fühlte und ich mich selbst gefragt habe: Warum mache ich das noch?" Doch sie hat’s meistens anders kennengelernt.

Gemeinsam mit Kollegin Maria Funken (70) und den Töchtern Esra (20), Kausar (11) und Nura (7) sitzt sie bei den Mohammads im Wohnzimmer. Sohn Ahmad (17) ist unterwegs, Vater Hasham erholt sich von der Arbeit. Nur der kleine Mann im Haus, Mahdi (1), ist geblieben - er hat’s wahrscheinlich auf die Naschereien abgesehen, die auf dem Tisch stehen.

Über dem Sofa hängt ein Bild mit einer religiösen Darstellung, viele der Möbel stammen vom Basar der Caritas. "Als die Familie von Schiefbahn nach Neersen zog, haben wir die Sachen mit ’nem Traktor ’rüber gefahren", erinnern sich die beiden Damen.

Kennengelernt hat sie die Mohammads, als Hasham bei ihr Deutsch-Unterricht nahm. "Mein Mann Jürgen hat später mit ihm für den Lkw-Führerschein gelernt." Mit Erfolg, seit gut zwei Jahren arbeitet Hasham bei der Spedition Bermes. "Und alle Kinder gehen zur Schule, haben gute Noten", so Rapp.

Begleitung von Asylbewebern, das heißt am Anfang vor allem, jemanden sprichwörtlich an die Hand zu nehmen. Als Wegweiser fungieren, wie es Rapp nennt. "Freiwillig kommt doch keiner hier hin", sagt Maria Funken. Die Familie aus dem Irak flüchtete aus politischen Gründen.

Das vielbenutzte Wort von "Kulturschock" fällt. Und dann sind da noch die Sprachbarrieren. Wenn mal wieder ein Behördenschreiben kommt, bei dem selbst Deutsche rätseln dürften, helfen die Ehrenamtlichen. Oder sie begleiten die Familien zu den Ämtern. "Da besteht doch eine große Hemmschwelle."

Natürlich gebe es Unterschiede bei den Nationalitäten, sagt Rapp, die zum Beispiel auch viele Tamilen betreut hat. Araber seien grundsätzlich, sie wiegt die Worte vorsichtig ab, "sehr stolz". Esra grinst: "Das stimmt." Rapp fügt schnell hinzu. "Das ist aber nicht negativ gemeint." Es mache den Umgang aber manchmal schwieriger. Und auch im Flüchtlingsheim in Anrath sei sie nur selten. "Da sind nur noch Männer untergebracht." Leichter sei es, zu Familien Kontakt zu bekommen.

Bei den Mohammads sind die Besucher in der letzten Zeit nicht mehr so häufig. "Das ist aber auch ein gutes Zeichen", findet Rapp. Und wenn’s doch mal Probleme gibt, könnte die Familie immer anrufen. "Das geht fast schon automatisch", sagt Esra.