Agentur für Arbeit Erfahrung der Generation 50plus
St. Tönis/Krefeld · Ältere Mitarbeiter bringen Engagement und Wissen mit. Darum bekommen sie bei der Firma FVT in St. Tönis gerne eine Chance.
Ein halbes Jahr lang war Andreas Thiessen arbeitslos, nachdem er in der Produktion eines Unternehmens 20 Jahre lang gearbeitet hatte. Jeden Monat schrieb der 53-jährige Krefelder zehn Bewerbungen. Antworten erhielt er selten. Bis er sich bei der Firma FVT (Faser Veredelung Tönisvorst) GmbH in St. Tönis bewarb. Dort lud man ihn ein, lernte sich kennen. Seit Anfang des Jahres ist er nun dort angestellt.
FVT-Geschäftsführer Thomas Krah, selbst 61 Jahre alt, stellt gerne ältere Mitarbeiter ein. „Bei den älteren Bewerbern ist die Motivation eindeutig höher“, hat Krah festgestellt. Der Betrieb, der 2000 gegründet wurde und aus der Firma Kress Textil hervorging, beschäftigt zwölf Mitarbeiter, sechs davon in der Produktion. Auch aus fremden Branchen würde man gerne Bewerber einladen, sagt Daniela Krah, Tochter von Thomas Krah, die mit in der Geschäftsführung tätig ist. Körperlich fit muss man für die Arbeit dort sein und sich in der Lage sehen, Maschinen, Kran und Stapler zu bedienen. Für die Arbeit mit den speziellen Maschinen werde man von erfahrenen Mitarbeitern angelernt.
Für die Agentur für Arbeit in Krefeld ist Thiessen damit ein Musterbeispiel dafür, wie es auch für Arbeitslose der Generation 50plus gut laufen kann. Denn ältere Menschen verfügten in der Regel über hohe berufliche Kompetenzen und Qualifikationen. Dennoch gestalte sich der Einstieg in den Arbeitsmarkt nach einer Arbeitslosigkeit oftmals schwierig. Das lässt sich an Zahlen belegen. Besonders in Krefeld fällt auf, dass das Arbeitsloseniveau bei der Gruppe 50plus höher liegt als noch vor sieben Jahren, während die Gesamtquote gesunken ist. Im Kreis Viersen ist die Quote für 50plus zwar gesunken, aber nicht so deutlich wie in der Gesamtzahl. Der Kreis Viersen macht es also vor. „Das hängt mit der Unternehmensstruktur zusammen. Im Kreis Viersen gibt es viele mittelständische und kleine Betriebe, die sich die Bewerber ansehen und sich nicht nur auf das Papier verlassen“, sagt Bettina Rademacher-Bensing, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld/Kreis Viersen. Bei den Betrieben spüre man in den vergangenen zehn Jahren schon ein Umdenken. Das sei auch nötig, wenn man dem Fachkräftemangel entgegenwirken möchte.
Generell zeige sich der Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote von 7,4 Prozent (10,2 Prozent in Krefeld und 5,2 Prozent im Kreis Viersen) robust, so Rademacher-Bensing. Zwar gebe es jahreszeitlich bedingt mehr Arbeitslose als im Dezember, aber die Quote liege leicht unter dem Januar-Wert von 2019. Einige Fälle von Kurzarbeit wegen fehlender Aufträge und Unsicherheiten für exportierende Unternehmen, zum Beispiel durch den Brexit, gebe es schon. Frei von Sorgen sei man also nicht. Auch mit Blick auf die Zahl der knapp 21 000 Arbeitslosen, hinter denen ja oft auch ganze Familien stünden. Daher würde man große Anstrengungen unternehmen, um noch mehr Personen eine Arbeitsstelle zu vermitteln. Qualifikationen in unterschiedlichster Form sind möglich. Auch Einarbeitungszuschüsse werden an Unternehmen bezahlt.
Thomas Krah ist weiter auf der Suche nach Personal in der Produktion, weil sich viele seiner älteren Mitarbeiter in den Ruhestand verabschieden. In dem Betrieb am Maysweg 10 werden Fasern veredelt, die in die Spinnereien gehen und zum Beispiel in der Filtertechnik, in Mode-, Pharma- oder Automobilindustrie eingesetzt werden. Bevor Garne entstehen, erhalten die Natur- oder Chemiefasern bei FVT die Eigenschaften, die sie benötigen, wie feuerfest, ölabweisend oder einfach eine andere Farbe. Die Branche befindet sich im Wandel. Einen Zukunftsmarkt sieht das Unternehmen in nachwachsenden Rohstoffen, sehr gefragt ist zum Beispiel Hanf. Noch macht das Material etwa zehn bis zwölf Prozent der Fasern bei FVT aus. Die Quote wird aber steigen. Einige Kunden hätten Interesse, Baumwollanteile durch Hanf zu ersetzen. Zwar sei Hanf nicht so fein wie Baumwolle, aber in gröberen Materialien wie Jeans könne man damit durchaus arbeiten. „Wir nehmen an der Entwicklung dazu teil“, sagt Daniela Krah.