Energie und Klimaschutz Windräder: Widerspruch möglich

Vorst/Kreis Viersen. · Genehmigung des Kreises mit Begründung ist nun einsehbar. Bürger können reagieren. 

Diese Windräder der Firma SL-Windenergie stehen in Rees.

Foto: SL Windenergie

Der Landrat des Kreises Viersen hat die Errichtung von zwei Windenergieanlagen in Vorst „in einem vereinfachten Verfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung“ genehmigt. Jetzt beginnt in diesem immissionsrechtlichen Verfahren die Bürgerbeteiligung.

Seit Freitag, 22. März,  ist der vollständige Genehmigungsbescheid des Kreises zur Errichtung der zwei Windräder (Typ Enercon E-126 EP 4 mit einer Nabenhöhe von 135 Metern) auf zwei Grundstücken der Gemarkung Vorst einsehbar. Nachzulesen ist er auf der Hompage des Kreises unter „öffentliche Bekanntmachungen“. Es handelt sich um ein 52-seitiges Schreiben des Amts für Technischen Umweltschutz und Kreisstraße, datiert vom 31. Januar 2019,  an die Firma SL Windernergie GmbH in Gladbeck. Das Unternehmem will die beiden Anlagen errichten und betreiben (WZ berichtete).

Fachanwaltskanzlei in Bonn bereitet die Klagen vor

Zwei Abende nach dem Planungsausschuss mit umfangreicher Einwohnerfragestunde zum Thema Windräder und zu dem von Bürgermeister Thomas Goßen erteilten Einvernehmen  hat der Rat der Stadt Tönisvorst einvernehmlich die Bonner Fachanwaltskanzlei Redeker, Sellner, Dahs „mit der Erhebung von Rechtsmitteln gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Windkraftanlagen in Vorst vom 31.01.2019 und den zugrunde liegenden Regionalplan“ beauftragt. „Das heißt übersetzt“, so Stadtsprecherin Catharina Perchthaler: „Alle Rechtsmittel, die möglich sind –  auch wenn sie nicht alle aussichtsreich sind –, wird die Stadt Tönisvorst gegen die Errichtung zweier Windkraftanlagen in Vorst einlegen.“

Abgeklopft werden sollen die Anfechtungsklage, die Normenkontrollklage und eine Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof NRW. Den Auftrag dazu hat die Stadtverwaltung am Freitagmorgen weitergeleitet. Das hat Bürgermeister Thomas Goßen der WZ bestätigt.  Goßen  hat am Donnerstag „zur Herstellung einer aufschiebenden Wirkung eine Anfechtungsklage erhoben“.

Bürger können ebenfalls Widerspruch einlegen oder Klage einreichen. Ausfertigungen des Genehmigungsbescheids des Kreises samt Begründung liegen seit Freitag und bis einschließlich 4. April im alten Vorster Rathaus, St.Töniser Straße 8, Zimmer 1 und 2, aus. Darüber hinaus in der Kreis- und Stadtverwaltung Viersen – einsehbar zu den Öffnungszeiten.

Mit dieser Bekanntmachung beginnt eine Frist, die man einhalten muss. Widerspruch kann „innerhalb eines Monats nach Ablauf der Auslegungsfrist“   schriftlich oder zur Niederschrift bei Landrat  Andreas Coenen eingelegt werden. Adressat ist  nicht die Stadt Tönisvorst, sondern der Kreis (Anschrift: Kreis Viersen - Der Landrat -, Rathausmarkt 3, 41747 Viersen).

Die Genehmigung ist laut Kreis Viersen „nach den §§4 und 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in Verbindung mit den §§ 1 und 2 der 4. Bundesimmissions-Schutzverordnung“ ergangen. Sie schließe alle anlagenbezogenen behördlichen Entscheidungen ein. Die unterschiedlichsten Informationen und Stellungnahmen sind aus dem Bericht herauszulesen:

So hat diese Genehmigung beispielsweise  eine Befristung. Sie erlischt, wenn „nicht innerhalb von drei Jahren nach Bestandskraft dieses Bescheids mit dem Betrieb der jeweiligen Anlage begonnen worden ist“.

Grundsätzlich muss die Firma SL Windenergie GmbH  als Bauherr eine Woche vor dem ersten „Spatenstich“ den Baubeginn unter anderem der Unteren Umweltschutz-, Naturschutz- und der Bauaufsichtsbehörde des Kreises Viersen mitteilen.

Geräusch-Immissionen und Schattenwurf

Die von den Windenergieanlagen verursachten Geräusch-Immissionen dürfen laut Kreis im gesamten Einwirkungsbereich nicht zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte von 60 Dezibel (dB(A)) am Tag etwa im Bereich „Auffeld 30“ (45 dB(A) bei Nacht) oder 50 Dezibel „Am Sportplatz 8“ (nachts 35) überschreiten. Die Nachtzeit beginnt um 22 Uhr und endet um 6 Uhr morgens.

Nachzublättern ist in dem Schreiben außerdem die Einschätzung einer Schattenwurfprognose für die zwei Windräder in Vorst.

Zu lesen ist auch, dass der Niers-Verband mit Stellungnahme vom 24. August 2018 mitgeteilt hat, dass wegen „Geringfügigkeit des Eingriffs in das Überschwemmungsgebiet keine Bedenken gegen die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen bestehen“.

Der Landschaftsverband Rheinland hatte, wie man auf Seite 34 des Genehmigungsschreiben nachlesen kann,  Bedenken in Hinblick auf unter Denkmalschutz stehender Hofanlagen, Haus Neersdonk sowie der historischen Kulturlandschaft „Mittlere Niers“. Die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Tönisvorst  teilte sie nicht.

Die Politiker im Tönisvorster Stadtrat haben den Tenor aus dem Planungsausschuss   aufgegriffen und umgesetzt (s.Kasten). Für Windradgegner bedeutete die Diskussion im Fachausschuss eine Wende. Sie fühlten ernst genommen. Wie wichtig ihnen das ist, sagten einige Unterstützer der Initiative in die Kameras der WDR-Lokalzeit.  Der Wunsch, rechtzeitig und so weit wie möglich umfassend informiert zu werden, ist  in Tönisvorst angekommen.  Ratsherr Jürgen Cox (Grüne): „Die Bürger werden bei jedem Schritt informiert.“ Wichtig sei im Rat die Einigkeit in der Beschlussfassung gewesen. Beobachter heben den Beitrag von Angelika Hamacher (CDU) hervor, deren Fraktion zunächst nur den Klageweg angehen wollte, der  die größte Aussicht auf Erfolg habe.