Analyse Tönisvorst: Rund ums Krankenhaus herrscht Unruhe

Tönisvorst · Um die Zukunft des St. Töniser Krankenhauses gibt es weiterhin große Sorgen – einen aktuellen Stand gibt es nach Angaben des Betreibers aber nicht.

Die Zukunft des St. Töniser Krankenhauses ist ungewiss. Nach Informationen der WZ stehen große Einschnitte an.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Die sorgenvollen Informationen, die der Redaktion aus Bürgerschaft und Politik seit einigen Monaten zugetragen werden, reißen nicht ab. Im Umfeld des St. Töniser Krankenhauses Maria-Hilf ist die Unruhe groß. So teilten mehrere Quellen der WZ mit, dass zum Ende des Jahres für das Haus mit knapp 60 Betten große Einschnitte bevorstehen. So heißt es, dass hinter der Zukunft der Inneren Abteilung des Hospitals ein großes Fragezeichen steht. Die Münsteraner Alexianer GmbH als Betreiberin des Hauses will sich offenbar auf das Medizinsche Versorgungszentrum (MVZ), die geriatrische Reha-Abteilung und das Seniorenhaus an der Hospitalstraße sowie das Vorster Seniorenheim konzentrieren.

„Im Moment haben wir keine relevanten Informationen für die Öffentlichkeit“, sagt Frank Jezierski, Sprecher der Alexianer GmbH, auf Anfrage der WZ. Nach Rücksprache mit der regionalen Geschäftsführung in Krefeld teilte er mit, dass sich die Alexianer momentan nicht zum Thema äußern werden. Es gelte der Stand, den das Unternehmen im April und Juni auf Anfrage der WZ erläutert hatte.

Corona-Krise hat dem
Standort zusätzlich zugesetzt

Aus den Aussagen von damals wurde klar, dass ein Haus in der Größe des St. Töniser Hospitals unruhige Zeiten erlebt. Neben den grundsätzlichen Sorgen zur Finanzierung der Krankenhauslandschaft existiert mit der Corona-Krise seit Frühjahr eine weitere Bedrohung. Die Folgen und mögliche Finanzierungslücken seien auch in St. Tönis spürbar, hieß es Ende April von Seiten der Alexianer: „Das betrifft auch das Krankenhaus Maria-Hilf Tönisvorst, für das es keine wirtschaftlichen Spielräume gibt, Defizite aus dieser Krise aufzufangen.“

Damals gab es schon Überlegungen Teile der Rehabilitationsklinik für die Kurzzeitpflege zu nutzen. Eine vorübergehende Nutzung durch das Gesundheitsministerium NRW bis 30. September dieses Jahres liegt vor. Und auch langfristig zeigen die Alexianer Interesse daran, entsprechende Pflegeplätze zu schaffen. Plätze, an denen es im Kreis Viersen mangelt, wie aus der Planung der Kreisverwaltung hervorgeht.

Wie Mitte Mai von der WZ berichtet, will das Land die Lage im Bereich der Kurzzeitpflege entzerren. Deshalb will man Krankenhäusern ermöglichen, dauerhaft entsprechende Plätze vorzuhalten. Dazu gibt es ein entsprechendes Modellvorhaben, an dem 60 Kliniken in NRW Interesse zeigten, heißt es in der Pflegeplanung der Kreisverwaltung. Aus dem Kreis Viersen habe es vier Interessensbekundungen gegeben: St. Irmgardis Süchteln, AKH und LVR-Klinik (beide Viersen) und das St. Töniser Krankenhaus Maria-Hilf.

2014 hatten die Alexianer das städtische Krankenhaus übernommen. Damals stand das Haus auf der Kippe, nachdem bereits Jahre zuvor eine vom Land geforderte Schließung abgewendet werden konnte. Bei der Übernahme verpflichteten sich die Alexianer, den Krankenhausbetrieb und die Notfallversorgung bis 2020 aufrechtzuerhalten. In diesem Jahr, in dem zudem die Fusion der Häuser in Tönisvorst und Krefeld realisiert worden ist, befinden wir uns nun.

In Sachen Notfallversorgung haben sich die Umstände übrigens schon verändert, wie die Alexianer im Juni auf Anfrage der WZ bestätigt haben: „Wie bereits öffentlich gemacht wurde, hat das Krankenhaus Maria-Hilf Tönisvorst bereits jetzt gesetzlich keinen Versorgungsauftrag mehr für die Notfallversorgung. Wir haben aber montags bis freitags bis in die frühen Abendstunden Ärzte vor Ort, die sich um eine qualifizierte medizinische Erstversorgung kümmern.“

Bundesweit machen Politik
und Krankenkassen Druck

Dass über die Zukunft eines Hauses in der Größe des Tönisvorsters diskutiert wird, überrascht in der Gesundheitsbranche niemanden. Schließlich drängten vor der Corona-Krise Bundespolitik und Krankenkassen daruf, die Krankenhauslandschaft neu zu ordnen. Die Forderungen stützen sich unter anderem auf eine Studie der Bertelsmann-Stiftung.  200 Betten seien für eine Klinik das „absolute Minimum“, heißt es nach Angaben des „Tagesspiegels“ in der Studie. 57 Prozent der rund 1400 Kliniken in Deutschland müssten folglich verschwinden, denn viele davon seien für Notfälle nur unzureichend ausgestattet. Um alle Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien zu erfüllen, bräuchte man im Extrem gerade mal 410 Kliniken in Deutschland, so die Autoren aus dem Hause Bertelsmann. Und: Eine qualitativ hochwertige Versorgung sei „nur mit deutlich weniger als 600 Krankenhäusern erreichbar“.

Im Zuge der Corona-Pandemie, als von jetzt auf gleich jedes Intensivbett zwischen Flensburg und Oberstdorf gebraucht wurde, war dann nicht mehr die Zeit, um über Krankenhaus-Schließungen und die Konzentration auf größere Kliniken zu diskutieren. Aber spätestens nach der Kommunalwahl wird das Thema auch im Kreis Viersen wieder eins werden.

Das weiß auch der Tönisvorster Bürgermeister Thomas Goßen (CDU), der nach eigenen Angaben im regelmäßigen Austausch mit der Alexianer GmbH steht. Auf Anfrage der WZ machte er aber zu den nun erneut kursierenden schlechten Nachrichten rund um die Hospitalstraße keine Angaben. Er halte sich in erster Linie an die Fakten. „Ich kann nur zu den Belangen etwas sagen, an denen die Stadt Tönisvorst beteiligt ist“, so Goßen. „Und dazu gehört der Fakt, dass die Alexianer auch über 2020 hinaus den Notarzt-Dienst in der Stadt Tönisvorst betreiben werden.“ Diese vertragliche Vereinbarung habe Bestand.