Kampf gegen den Fachkräftemangel Tönisvorst bringt Firmen und Geflüchtete zusammen

Tönisvorst · Die Stadt Tönisvorst und die Krankenkasse Barmer haben ein neues Format entwickelt, um Betriebe, die Fachkräfte brauchen, und Geflüchtete, die einen Job suchen, zusammenzubringen. Für 2024 ist eine Neuauflage der Messe „Top to the Job“ geplant.

Bürgermeister Uwe Leuchtenberg (v.l.), Sebastian Claessens (Barmer), Frank-Martin Ickler (Barmer) und Wirtschaftsförderer Markus Hergett bei der ersten Jobbörse speziell für Geflüchtete aus der Ukraine.

Bürgermeister Uwe Leuchtenberg (v.l.), Sebastian Claessens (Barmer), Frank-Martin Ickler (Barmer) und Wirtschaftsförderer Markus Hergett bei der ersten Jobbörse speziell für Geflüchtete aus der Ukraine.

Foto: Stadt Tönisvorst

Über kaum einen Bereich wird in Unternehmen aktuell so viel geklagt wie über den Fachkräftemangel. In fast allen Branchen fehlen Mitarbeitende, auch passende Auszubildende sind nicht leicht zu finden. Gemeinsam mit der Krankenkasse Barmer hat die Wirtschaftsförderung der Stadt Tönisvorst nun ein neues Jobmessen-Format entwickelt, das örtliche Unternehmen und Menschen zusammenbringen soll, die einen Ausbildungsplatz oder einen Job suchen. „Top to the Job“ nennen die Organisatoren das neue Format, das Unternehmen die Möglichkeit gibt, sich zu präsentieren und um Mitarbeitende zu werben – und das gezielt unter den geflüchteten Menschen, die im Tönisvorster Stadtgebiet leben.

An der ersten Veranstaltung in der vergangenen Woche nahmen die DHL aus Krefeld, Abbelen aus Tönisvorst, Globus aus Tönisvorst und van Geffen Bedachungen aus Tönisvorst teil, zudem war der Weiterbildungsträger B & K (Bildung und Karriere) aus Krefeld vertreten. Um die Geflüchteten auf die Veranstaltung aufmerksam zu machen, hatten die Organisatoren die Werbetrommel gerührt, sie über die Flüchtlingsbetreuer in den Einrichtungen und Unterkünften angesprochen. Werbung machten die Organisatoren auch in den Deutschkursen für Geflüchtete. „Diese Direktansprache war uns sehr wichtig“, sagt Tönisvorsts Wirtschaftsförderer Markus Hergett. So habe man Hemmschwellen abbauen wollen, die vielleicht jemand habe, der neu in einem fremden Land sei und sich möglicherweise scheue, einfach zu irgendeiner Veranstaltung zu gehen. Was den Organisatoren auch wichtig war: eine lockere, ansprechende Atmosphäre, „deshalb haben wir ein Restaurant mitten im Ort gewählt, das war ein netter Rahmen“, sagt Hergett.

Zu der ersten Veranstaltung kamen Hergett zufolge ausschließlich Männer, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind. Für sie sei es nicht so schwierig, in Deutschland eine Arbeit aufzunehmen, wie für Menschen aus einigen anderen Ländern, berichtet er. Auch sei der bürokratische Aufwand für die Betriebe nicht so groß: „Geflüchtete aus der Ukraine haben hier in Deutschland einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt, sie können direkt eintreten.“

Als Wirtschaftsförderer der Stadt weiß er, was die örtlichen Betriebe brauchen: „Sie suchen sowohl ungelernte Kräfte als auch Fachkräfte, beispielsweise im technischen oder handwerklichen Bereich.“ Auch Ausbildungsplätze würden noch angeboten, „wer möchte, kann morgen anfangen.“ Entsprechend nahmen auch Unternehmen teil, bei denen man sofort einsteigen könne, so Hergett weiter. Auch im gastronomischen Bereich werden händeringend Kräfte gesucht. Deshalb hatten Stadt und Barmer den Weiterbildungsträger B & K ins Boot geholt, der unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Niederrhein eine Weiterbildung zum Allrounder im Gastgewerbe anbietet.

Nach der Premiere wollen die Stadt Tönisvorst mit Wirtschaftsförderer Markus Hergett und die Barmer, vertreten durch Regionalgeschäftsführer Frank-Martin Ickler, die Veranstaltung jetzt auswerten und über eine Wiederholung im kommenden Jahr sprechen, „wenn möglich, schon in der ersten Jahreshälfte“, sagt Hergett, „das Ganze schreit nach Wiederholung.“ Die Unternehmen hätten die ersten Kontakte zu Jobkandidaten knüpfen können, wobei auch zwei Übersetzer halfen.

Dachdeckermeister Klaus van Geffen, der einen Betrieb mit rund 20 Mitarbeitern in Tönisvorst führt, ist von dem neuen Format begeistert: „Supergut“, sagt er. Er hat bereits Erfahrung in der Ausbildung von Geflüchteten: Zwei junge Männer aus Guinea, die bei ihm bereits die Ausbildung machten, sind in seinem Betrieb nun als Gesellen tätig. Nach der Jobmesse habe sich ein junger Mann aus Aserbaidschan bei ihm gemeldet, berichtet van Geffen. Sprachbarrieren könne man aus der Welt schaffen, schulische Defizite nachholen. Auf der einen Seite habe man den Fachkräftemangel, auf der anderen Seite seien die Menschen, die arbeiten wollten, so der Dachdeckermeister. Insofern sei das neue Jobmessen-Format in Tönisvorst „eine tolle Idee“.