Kabarett in Tönisvorst So schön ist es mit Stefan Verhasselt
Tönisvorst · Der Niederrhein-Kabarettist hält im Forum Corneliusfeld in St. Tönis seinen Mitmenschen den Spiegel vor und persifliert gekonnt den ganz alltäglichen Wahnsinn.
Sein Publikum hatte viel Spaß an dem, was der Ur-Niederrheiner Stefan Verhasselt bei seinem Heimspiel im Forum Corneliusfeld in St. Tönis auf Einladung des Stadtkulturbunds Tönisvorst an Pointen auf Lager hatte. Der WDR4-Moderator stellte vor den mit 430 Gästen gut gefüllten Rängen sein inzwischen sechstes Solo-Kabarettprogramm vor, mit dem er wie gewohnt den Mitmenschen den Spiegel vorhielt: „Mit euch ist es schöner“.
Zu Beginn seines Bühnenauftritts erinnerte sich Stefan Verhasselt seiner Anfänge in der Apfelstadt: Er stand schon in ganz jungen Jahren mit einer Jugenddisco auf den Brettern im Forum Corneliusfeld und machte seine ersten Radiosendungen für Patienten im Krankenhausfunk von St. Tönis – der frühe Beginn einer dann sehr erfolgreichen Moderatorenkarriere.
Pointen aus genauen Beobachtungen und Analysen
Verhasselt versteht es seit Jahren meisterhaft, den Irrungen und Wirrungen des alltäglichen Lebens in all seinen Facetten auf die Schliche zu kommen und sie galant aufzuspießen. Er geht dabei stets ganz ohne Häme oder Vorwürfe auf seine Spurensuche und beweist dabei immer wieder, dass er hervorragend beobachten und analysieren kann. Gerne schaut und hört er genau zu und zieht daraus seine Pointen, indem er dem Publikum klar macht, wie es tickt und was vielleicht auch merkwürdig oder sogar sehr komisch im Alltag abläuft.
Da ist die Gleichstellungsbeauftragte, die sich über den Begriff der „Herrencreme“ aufregt. Und die mangelnde Reichweite von E-Autos ermöglicht es, „mal einen halben Tag Dammer Berge (eine Raststätte an der Autobahn) zu genießen“. „Eingefleischte Veganer:innen“ leben vor allem von Kichererbsen und Salat, gerne aus einer Bowl, wie die gute alte Salatschüssel heute heißt. Der Kabarettist findet „veganes Hundefutter“ besonders merkwürdig, und er mokiert sich über die europaweit eingeführte neue Vorschrift, wonach die Deckel von Milchverpackungen nicht mehr abgenommen werden dürfen: „Als hätten wir keine anderen Sorgen in Europa“, meint der Kabarettist unter dem Beifall des Publikums.
Sprachlich „geht“ beim Niederrheiner so einiges
Die Sprache des Niederrheiners ist voller Besonderheiten. Hier „geht“ ganz viel: Da „geht“ das Telefon – lange vor dem Handy war man in dieser Region also bereits mobil unterwegs. Der kaputte Fernseher „geht“ jetzt wieder. Cocktails „gehen ja immer“, und manches kann so einfach nicht „weitergehen“. Und mancher fragt: „Wie geht es deinem Bein, geht‘s wieder?“ Steigerungen sind auch des Niederrheiners Spezialität. „Nix“ reicht da nicht, es muss schon „gar nix“ oder noch besser „überhaupt nix“ sein.
Und mit dem Datenschutz nimmt es der Niederrheiner als solcher auch nicht so genau. Man will schon wissen: Wer mit wem? Und ist sie denn nun schwanger, und wenn ja, von wem? Und niederrheinische Formulierungen sind besonders schön, wie diese: „Sommer jetzt gehen?“ Oder auch: „Hammer diese Woche eigentlich gelbe Tonne?“ Schön ist auch: „Komma vorbei,“ „Da kannze ma sehen“ oder auch „Da sisse ma“.
Wer Stefan Verhasselt, den Jung vom Niederrhein – in Straelen geboren, in St. Tönis, Hüls und Kempen gewohnt – näher kennt, weiß: Genau so wie er sich auf der Bühne gibt, so ist er auch als Mensch – einfach ein netter und geradliniger Typ, der seine Mitmenschen nicht belehren und schon gar nicht niedermachen möchte. Darin unterscheidet er sich erfreulich von vielen der Heerscharen aktueller TV-Comedians, die beileibe nicht alle lustig sind oder intelligente Texte vorzutragen wissen, oder den Kabarettisten, die davon leben, Kübel von Häme auszuschütten und damit ihren Beifall ernten.
Schwarzen Humor kann der Mann auf der Bühne auch. Beispiel: Das kleine Kärtchen, mit dem ein auserwählter Kreis von Menschen zu dem so berühmt-berüchtigten „Beerdigungskaffee“ eingeladen wird, ist bei ihm „das VIP-Ticket zur After-Show-Party“. So kommt der WDR-Moderator in seinem bunten Programm sozusagen vom „Höcksken op et Stöcksken“ und unterhält sein gut gelauntes Publikum mehr als zwei Stunden lang mit den unterschiedlichsten Aspekten des menschlichen Lebens, ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit durchaus überraschenden Erkenntnissen.