Willich: Fußballkunst auf Polyethylen

DJK/VfL Willich ist einer der Vereine mit den meisten Mannschaften im Fußball-Verband Niederrhein. Der Kunstrasen spielt da eine wichtige Rolle.

Willich. Am Samstag kicken Jogi Löws Fußballer auf Polyethylen-Halmen gegen Russland um das Ticket zur Fußball-Weltmeisterschaft. Viel Bedeutung wird dem grünen Untergrund beigemessen. Wie viel Bedeutung Kunstrasenplätze mittlerweile im Amateurbereich einnehmen, erklärt Helmut Frantzen, 1.Vorsitzender des DJK/VfL Willich, im WZ-Gespräch.

Herr Frantzen, ich mähe meinen Rasen zwischen April und Oktober einmal in der Woche. Wie viel Pflege braucht Kunstrasen?

Helmut Frantzen: Ich bin kein Fachmann, aber sicher ist, er braucht extrem wenig Pflege. Er wächst ja auch sehr langsam... Im Ernst: Einmal im Jahr wird unser Platz in Willich gesandet.

Welche Plätze bespielen Ihre Fußballer?

Frantzen: Am Sportzentrum in Willich haben wir einen Rasen-, einen Tennen-, also Ascheplatz und einen Kunstrasenplatz. In Anrath sieht es genauso aus, wobei der Kunstrasenplatz größer ist als der in Willich. Schiefbahn hat einen Asche- und einen Rasenplatz, außerdem Rasentrainingsfelder. Und in Neersen spielen die Fußballer auf Rasen und Asche. Der Ascheplatz ist in sehr schlechtem Zustand. Neersen und Schiefbahn sollen 2010 Kunstrasenplätze bekommen.

Also ist Kunstrasen des Fußballers Untergrund der Zukunft?

Frantzen: Ja, schon wegen der geringen Folgekosten. Ein Rasenplatz ist im Jahr höchstens fünf Monate lang bespielbar, der Kunstrasen das ganze Jahr hindurch. Wenn wir in Willich diesen Platz nicht hätten, wären im Winter die Spielmöglichkeiten auf die Hälfte reduziert. Dass heißt, von zurzeit bei uns angemeldeten 26 Jugend-Mannschaften könnte nur die Hälfte spielen.

Wie fühlt es sich an auf einem solchen Grund zu laufen. Federt er wie eine Wiese?

Frantzen: Ich bin kein Fußballer, habe aber schon Sportunterricht auf dem Kunstrasenplatz gegeben. Der Untergrund ist schön gleichmäßig und federt. Ein Lauf-Gefühl wie auf einer Tartanbahn.

Wenn Sie DFB-Mittelfeld-Regisseur Ballack die Vorzüge eines Kunstrasens erklären dürften, was würden Sie sagen, außer dass er 365 Tage im Jahr bespielbar ist?

Frantzen: Ach, Herrn Ballack ist das wohl egal. Er spielt auf gepflegten Rasen und nicht auf einem mit Kaninchenlöchern. Ballack läuft wegen der höheren Verletzungsgefahr aber sicher nicht so gern auf Kunstrasen auf.

Das Spiel auf Kunstrasen ist schneller als auf gewachsen Halmen. Wieso eigentlich?

Frantzen: Die Reibung ist nicht so groß, der Ball wird nicht so stark abgebremst und dadurch ist das Spiel schneller.

Ich bin auf Asche schon böse ausgerutscht. Wie verletzungsintensiv ist das Spiel auf Polyethylen?

Frantzen: Es kommt zu verbrennungsähnlichen Verletzungen der Haut, weil die Halme sehr hart sind.

Unsere Fußballnationalmannschaft hat vier Tage für den russischen Platz auf Kunstrasen trainiert. Reicht die Zeit der Gewöhnung?

Frantzen: Nein. Gerade für Mannschaften, die für kampfbetontes Spiel stehen, nicht.

Gegen die Zweite von Mainz blieb das DFB-Team torlos. Welchen Tipp geben Sie zum Spiel gegen Russland ab?

Frantzen: Ich hoffe auf ein Unentschieden. Das müsste doch reichen. Also: 0:0 oder 1:1. Darf ich noch einen Wunsch der Willicher Fußballer weitergeben?

Aber sicher.

Frantzen: Unsere 1. und 2. Mannschaft spielen noch ungern auf Kunstrasen, weil der Platz in Willich mit den Maßen 45 mal 90 Metern deutlich kleiner ist als ein normaler Platz, der 60 mal 120 Meter misst. Das Spiel ist auf diesem Platz so schnell wie ein Handballspiel. Die Willicher wünschen sich, dass ihr Ascheplatz irgendwann in einen Kunstrasenplatz umgewandelt wird. Die Investition amortisiert sich in zehn bis 15 Jahren. Unsere Fußballer bieten auch Eigenleistung an. Aber klar ist: Neersen und Schiefbahn sind zuerst dran.