Standort für den Verwaltungssitz Platz da fürs Rathaus?

Tönisvorst · Der stadtnahe Teil der Willicher Straße wird als Standort für ein zentrales Verwaltungsgebäude geprüft – unbebaute und bebaute Flächen.

Das Stadt-nahe Teilstück der Willicher Straße in St. Tönis ist in der Standortfrage für ein neues, zentrales Tönisvorster Rathaus in den Blick gerückt worden. Und dies beidseitig. Zum einen wird der Standort Parkplatz am Pastorswall geprüft. Aber auch das Areal auf der Straßenseite gegenüber mit Hotelkomplex scheint eine Option zu sein. Auch diese Fläche soll vom Planungsbüro als möglicher Standort geprüft werden.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Vorst hat rund 7130 Einwohner. St. Tönis kommt auf 22 230. Würde man die Verteilung der Bewohner im Stadtgebiet mit einer Torte vergleichen, entfiele auf den kleineren Stadtteil Vorst ein Viertel vom Ganzen. Auf St. Tönis de facto drei Mal so viel.

Verteilungszahlen wie diese sind neben der Frage nach einem gültigen Bebauungsplan oder der allgemeinen Infrastruktur Kriterien, die die Assmann-Gruppe (Dortmund) für ihre Bedarfsermittlung und Wirtschaftlichkeitsberechung für einen zentralen Verwaltungsstandort der Stadt Tönisvorst zu berücksichtigen hat. Das Planungsbüro prüft im Auftrag der Stadt seit Frühjahr 2018 Möglichkeiten, in und für die Stadt ein neues Rathaus für alle zu bauen.

Nun kommt eine Nachprüfung zum vorgelegten Bericht dazu. In den Blick genommen wird seit Dezember nämlich über die vier bereits geprüften und gegeneinander abgewogenen Standorte hinaus der Bereich der Willicher Straße in St. Tönis.

Grob umrissen handelt es sich um das Teilstück zwischen Bahnstraße und dem Kreuzungsbereich Damm- und Benrader Straße. Dabei wird nicht nur über den zurzeit unbebauten, als Parkplatz genutzten Bereich zur Grünfläche am Pastorswall nachgedacht. Teile der Politik sehen aktuell auch auf der gegenüberliegenden Seite Entwicklungsmöglichkeiten für die 25,5 Millionen Euro teure Rathaus-Idee.

Als möglicher Standort wird nämlich auch das Areal Ecke Bahnstraße/Willicher Straße gehandelt, auf dem unter anderem das Hotel zur Linde steht. Die Fläche wollen vor allem FDP und SPD nicht ungeprüft lassen. In der letzten Ratssitzung des Jahres 2019 schien nach Vorbesprechungen eine mehrheitsfähige Entscheidung zu einem Standort, wie zunächst geplant, nicht möglich.

Das ausdrücklich Votum von Bürgermeister Thomas Goßen und der CDU für den Assmann-Favoriten „Wilhelmplatz“ fand jedenfalls keinen „gemeinschaftlichen Konsens“. Stattdessen wurde die Nachprüfung der Willicher Straße (beidseitig) beschlossen und das Ja zum Rathaus-Standort verschoben. Die nächste Ratssitzung ist für den 29. Januar terminiert.

Planungsbüro Assmann
legt Standortanalyse nach

Zurück zur Ausgangslage: Die vier zurzeit genutzten Verwaltungsstandorte sind in die Jahre gekommen. Sie entsprechen nicht mehr den Ansprüchen eines modernen Verwaltungssitzes – was den Brandschutz und die Heizungsanlage angeht, die Unterbringung und Arbeitsumgebung der Mitarbeiter, den Empfangsbereich und die barrierefreie Erreichbarkeit für die Bürger, die Optik und den Klimaschutz.

Es handelt sich um die Gebäude in St. Tönis an der Bahnstraße (74 Arbeitsplätze), Hospitalstraße (19 Arbeitsplätze, angemieteter Büroraum) und Altes Rathaus (Standesamt, fünf Arbeitsplätze) sowie um das historische Rathaus Vorst (34 Arbeitsplätze).

In die Standortuntersuchung der Planer von Assmann sind Zahlen und Daten des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs eingeflossen. Geprüft wurde unter anderem, welche Buslinien von einem der vier ausgewählten Standorte Höhenhöfe, Am Wasserturm, Wilhelmplatz und Maysweg bis St. Tönis bzw. bis Vorst pendeln und wie viele Minuten Fahrzeit eingeplant werden müsssen. Der Wilhelmplatz ist ein Verkehrsknoptenpunkt. Dort verkehren die Linien 062, 064 und 068. Zwischen ihren Haltestellen dort und dem neu angedachten Rathaus-Standort liegen zwei Minuten Fußweg. Die Wartezeiten auf Bus(se) und Bahnen liegen bei höchstens 20 Minuten. Das war ein Pluspunkt in der Analyse im Vergleich zu den anderen drei Standorten.

Auch der Einzelhandel in beiden Ortsteilen wurde von den Planern aus Dortmund unter die Lupe genommen. Für ein Rathaus in St. Tönis spricht laut Assmann auch die Hochstraße. Sie sei die Haupteinkaufsstraße im Zentrum, ein zentraler Versorgungsbereich. Es gebe einen geringen Anteil kettengebundener Läden, also einen geringen Filialisierungsgrad, noch Inhaber-geführte Geschäfte und einen geringen Leerstand. Assmann in der Analyse: „Die Ansiedlung eines Verwaltungsgebäudes im Standortkontext trägt zur Entfaltung und funktionalen Stärkung der Einzelhandes-Situation bei.“ Das dürfte genauso für einen Rathausbau an der Willicher/Ecke Bahnstraße sprechen.

Vorst dagegen weist laut Planungsbüro nur einen geringen Anteil von Verkaufsflächen im Straßenzug auf. Dort sei kein Grundstück im Standortkontext verfügbar. „Aufwertungen der bestehenden Einzelhandelssituation sind somit nicht zu erwarten“, so das Team um Assmann-Projektleiter Frank Kaldewei in der vorgestellten Studie.

Die Dortmunder beurteilen auch die dezentrale Sonderlage des Einkaufszentrums Höhenhöfe/Vorster Straße: Das sei ein überörtlich ausstrahlender Versorgungsschwerpunkt mit guter Verkehrsanbindung und einem hohen Anteil an kettengebundenen Läden (hoher Filialisierungsgrad). Fazit: „Die Ansiedlung eines Verwaltungsgebäudes im Standortkontext verbliebe tendenziell ohne Auswirkung auf die Einzelhandels-Situation am Einkaufszentrum Höhenhöfe.“

Für den Wilhelmplatz spricht laut Planer, dass es sich um ein Grundstück im Eigentum der Stadt handelt. Dass es in einem zentralen Versorgungsbereich liegt. Dass die Fahrtzeiten mit Mitteln des öffentlichen Personennahverkehrs mit durchschnittlich 4,75 Minuten deutlich unter den anderen liegt (bis zu 16 Minuten/Maysweg). Dass die Wahrnehmung des Standortes gut sei. Dass die kalkulierten Investkosten mit 17,6 Millionen Euro (mit Grundstück) im Rahmen der anderen liegen. Negativpunkt: oberirdische Pkw-Stellplätze sind nicht oder kaum vorhanden. Assmann hält eine Tiefgarage für erforderlich.

Die Stadt hat das Planungsbüro bereits über die Beschlüsse der Dezember-Ratssitzung informiert und wartet nun wie die Politik auf eine vergleichende Abwägung der Standortfakten und zu erwartenden Kosten.

Haben die beiden Areale an der Willicher Straße eine Chance auf Realisierung? Voraussetzung für die Nutzung des bebauten Eckgrundstücks wäre ein Rückbau der Gebäude, unter anderem des Hotels. Verkaufsabsichten bedeuten eine Option. Oder findet der bisherige Favorit Wilhelmplatz Ende des Monats genügend Befürworter?

Die SPD hat signalisiert, dass sie den Standort Wilhelmplatz auf jeden Fall ablehnen wird. SPD-Parteichef Helge Schwarz hat das auf WZ-Nachfrage am Donnerstag bestätigt.