Zapfenstreich ist für viele Schützen der Höhepunkt
Das nächste Schützenfest steht ab Freitag in Niederheide an. Emotional wird es beim Zapfenstreich — und der folgt klaren Regeln.
Willich. „Das ging schon ganz schön unter die Haut“, sagt rückblickend der amtierende Schützenkönig des Allgemeinen Schützenvereins (ASV) Willich, Wolfgang Dille. Zum Ende des 133. Willicher Heimatfestes hatte sich das ganze Regiment zum Großen Zapfenstreich versammelt. Wie es üblich ist, wurde der Zapfenstreich mit einer Wunsch-Serenade eingeleitet. „Unser neuer Musik-Dezernent Stefan Gehlen wusste zwar, dass ich ein leidenschaftlicher Beatles-Fan bin, aber es war schon eine faustdicke Überraschung, als zu Beginn Germania Willich und das Bundesfanfarencorps Neuss ,Hey Jude’ spielten“, erzählt Dille.
„Es war jedes Mal ein unvergessliches Ereignis“, meint auch Kurt Manns. Der 78-Jährige kann sich genau noch an die Zeit erinnern, als er 1971 das erste Mal Schützenkönig der St.-Konrad-Schützengilde des Grenzweges war und sonntags im Festzelt der Zapfenstreich gespielt wurde. „Das ist mir schon damals sehr nahe gegangen, ich musste das eine oder andere Tränchen unterdrücken“, sagt Manns, der noch zweimal in den Genuss kam: auch 1985 und zuletzt 2008. Daher ist er der Gilde-Kaiser.
Einen „Kaiser“ hat ebenfalls die Sebastianus-Bruderschaft Anrath. Es ist Bernd Straeten, der mit seiner Frau Uschi 1992 und 2010 als Königspaar dabei war und bald wieder in der ersten Reihe stehen wird. Denn vom 31. August bis zum 3. September ist es erneut der im September 70 Jahre alt werdende Straeten, der König wird. „Der Zapfenstreich war bislang immer der Höhepunkt meines Festes und hat auch bei meiner Frau für Gänsehaut pur gesorgt. Wir waren beide davon sehr ergriffen“, erzählt er.
Seinen Ursprung nahm der Zapfenstreich in einer Zeit, als die Soldaten, sprich „Landsknechte“, abends die Gaststuben besuchten. Ein Offizier ging begleitet von einem Flötenspieler und einem Trommler durch die Gaststätten, schlug mit einem Stock ein- oder mehrmals auf den Zapfen des Fasses. Danach durfte der Wirt keine Getränke mehr ausgeben und die Soldaten mussten in die Zelte oder in die Kaserne. Wer sich ihm widersetzte, wurde hart bestraft. Der Begriff des Zapfenstreiches wurde erstmals 1596 erwähnt. Der Große Zapfenstreich entstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dem Beispiel anderer Länder folgend, ordnete der preußische König Friedrich Wilhelm III. die Ausweitung des Zapfenstreiches um das Präsentieren der Gewehre, um ein Gebet und dem Blasen eines Militärliedes an.
In der Regel sind es heute zwei Musikeinheiten, die mit ihren Kesselpauken, Trommeln, Trompeten und Flöten spielen, erklärt der musikalische Leiter des Blasorchesters TV Jahn Bockum, Bernd Fröhlich. Vor dem eigentlichen Zapfenstreich werden erst mal ein bis drei Serenaden gespielt.
Natürlich gibt es klare Kommandos: „Großer Zapfenstreich — stillgestanden, richtet euch, Augen gerade aus, zur Meldung an seine Majestät“, heißt es zu Beginn. „Großer Zapfenstreich — stillgestanden“, dann ertönen die Kesselpauken, erfolgen einige lange Wirbel mit bis zu acht Trommelschlägen. Das Musikkorps spielt die „1. Post“, „2. Post“ und „3. Post“ — wohl in Anlehnung daran, dass es früher in den Gaststuben mehrere Nachrichten, sprich „Warnungen“, gegeben hat, die Lokalität zu verlassen. „Helm ab zum Gebet“, heißt es dann, und alle nehmen die Helme und Hüte ab, der Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“ wird gespielt. Nach weiteren Soli, Präsentationen und Kommandos folgt die Nationalhymne und zum Schluss der etwa 15- bis 20-minütigen Zeremonie die Order des Kommandierenden: „Ich melde den Zapfenstreich ab.“