Archäologie Zeitreise mit Bagger und Spaten

In Vorst haben die Archäologen die Arbeit aufgenommen.

Archäologie: Zeitreise mit Bagger und Spaten
Foto: Friedhelm Reimann

Vorst. Der graue Bauwagen parkt seit Samstag am Ackerrand. Das Toilettenhäuschen ist am Morgen abgesetzt worden. Jetzt wartet das Team der Firma Archbau nur noch auf den PS-starken „Kollegen“ Bagger. Der ist gerade auf dem Weg und rollt aus Mönchengladbach an. „Dann können wir mit der Baustelleneinrichtung beginnen.“ Grabungsleiterin Melanie Eigen steht in Gummistiefeln auf dem Feld am Ortsrand von Vorst, und lächelt den Dauerregen weg. Sie ist am Morgen aus Köln angereist und steht zum ersten Mal auf dem Boden, den sie bisher nur von Luftaufnahmen kennt.

Archäologen sind wettererprobt. Heute ist Dienstbeginn im fünf Hektar großen Plangebiet „BP VO 39“. Der Untergrund des künftigen Baugebiets Hecke, unweit der Kniebeler Straße, soll Quadratmeter für Quadratmeter untersucht werden. Kollegen hatten auf dieser Fläche bereits „eisenzeitliche und überlagernde mittelalterliche Siedlungsbefunde entdeckt“. Nun gehen Melanie Eigen, Michael Schneider, Dirk Herdemerten, Daniel und Mihaela Ion der Vorgeschichte genauer, vor allem großflächiger auf den Grund. „Vollflächig“, nennt Archäologin Eigen das. „Wenn der Bagger da ist, ziehen wir das Areal auf.“ Meint: Daniel Ion, der erfahrene Baggerfahrer, schabt Streifen für Streifen die Fläche auf, lagert den Mutterboden und das darunter liegende Sediment, etwa 50 bis 60 Zentimeter tief, „bis zur Befundtiefe“.

Ehemalige Hausgrundrisse und Gruben erkenne man an Verfärbungen im Boden. „Auch die Konsistenz des Untergrunds ist dann eine andere“, erläutert Melanie Eigen. Sie spricht von einer „spannenden Fläche. Wir suchen Siedlungsstrukturen und stellen sie in einen Zusammenhang mit bereits bekannten Fundstellen.“ Das Gräberfeld im Bereich Hinkes Weisshof zum Beispiel.

Zwei, vielleicht auch drei Monate wird die Archäologin Vorst anfahren, mit ihren Kollegen alle Funde beschreiben, fotografieren und dokumentieren. Allein der Computertechnik vertrauen Archäologen dabei nicht. Eigen: „Wir zeichnen alles. Mit Handzeichnungen erfasst man besser die Details.“ Mindestens 30 verschiedene Farbstifte gehören ebenso zur Ausstattung im Bauwagen wie Kellen, Schaufeln und Spaten. Kollege „Bagger“ schuftet eben nicht allein.

Faszinierend findet die Archäologin die Konstruktion früheren Lebens. „Wenn ich dann die Berichte schreibe und die Analyse in die Tiefe geht, dann geht mein Kopfkino an.“ Während sie das sagt, sitzt sie im kühlen Bauwagen und schaut in den grauen Vorster Regenhimmel. Der schreckt sie offenbar wenig. Das Warum ist schnell erklärt: „Nur Hitze ist schlimm für mich.“