Ostern in St.Tönis. Bis 10 Uhr sind die Eier gelegt
St. Tönis · Auch Hühner haben einen Tagesplan – und sogar „Hotels“, wie auf dem dafür bekannten Driehsen-Hof in St. Tönis deutlich wird. Hier leben auch fünf Hähne „im Korb“. Ein Besuch.
Eier suchen – ein Spaß, den vor allem Kinder an Ostern ausleben können. Und Eltern haben oft fast genauso viel Freude beim Verstecken. Wie viel Spaß haben dann eigentlich diejenigen, die jeden Tag Eier suchen müssen, weil sie freilaufende Hühner halten? Und davon auch noch richtig viele? Diesen und anderen Fragen ist die WZ auf dem Driehsen-Hof in St. Tönis nachgegangen.
Marietta Driehsen und ihre Töchter Gaby (25) und Daniela (22) gehen voll in ihrer Aufgabe auf, sich um die 600 Hühner und etwa fünf Hähne auf dem ansonsten auf Milchkühe spezialisierten Hof zu kümmern. „Passen Sie auf, dass Sie nicht in die Löcher treten, die die Hühner gegraben haben“, warnt Gaby Driehsen.
Klar, könnten Eier drin liegen. Nein, es war nur eine Warnung vor den Stolperfallen auf der weitläufigen Wiese. Das Federvieh hat einfach nur Spaß am Graben, um dort leckeres Frischfleisch in Form von Regenwürmern und Co. sowie Körner zu finden. Außerdem dient das Schubbern mit den Flügeln im Erdreich auch der Körperpflege. „Der Staub kühlt“, erklärt Daniela Driehsen, die in Soest Landwirtschaft studiert und am Wochenende auf dem Hof mit anpackt.
Also gut, keine Eier in den Löchern. Dann vielleicht unter dem Hühnerhotel, dem Zuhause von etwa neun mal 20 Metern? Nein, da auch nicht, räumt Marietta Driehsen mit der romantischen Vorstellung einer Suche unter Sträuchern oder Hütten mit Körbchen auf. Die Hühner legen morgens bis etwa 10 Uhr ihr Ei. Dazu hüpfen sie in eines der Familiennester im Hühnerhotel.
Nach dem Plop
geht es aufs Laufband
Nach dem Plop rollt das Ei über eine Schräge auf ein Laufband und dieses zum Ausgang, um dort in die Eierkisten gepackt zu werden. Das war’s!? Für die Hühner ja. Die können danach raus auf die Wiese oder noch eine Weile im Hühnerhotel mit den Artgenossen gackern, scharren oder tun, was Hühner sonst halt so treiben.
Für die Driehsenfrauen dagegen ist noch etwas zu tun. Mit einem Karren werden die Eier vorsichtig über die unebene Wiese Richtung Hof transportiert. „Hühnereier dürfen nicht gewaschen werden“, sagt Marietta Driehsen. Sonst geht die Schutzschicht ab und das Ei ist nicht mehr so lange haltbar. Anders als bei Gänsen, deren Eier dürften gewaschen werden. Während sie das erklärt, werden die Eier auf ein kleines Laufband gelegt, durchleuchtet und in Größen eingeteilt. „Wir haben meistens die Gewichtsklasse M bis L“, sagt Gaby Driehsen.
Nun geht’s ans Stempeln. Ein Muss ist die Auskunft über das Land (DE), die Art der Haltung (1, Freiland) sowie die Betriebsnummer (0524641). Und zum Schluss gibt es noch einen „Spaßstempel“, eine Kuh. „Damit wollen wir auf unsere Milchtankstelle aufmerksam machen“, sagt Marietta Driehsen. Denn dort gibt es nicht nur Rohmilch zu kaufen, sondern auch die Driehsen-Eier. 480 bis 500 Eier legen die Hennen – übrigens in Braun – täglich und das sieben Tage die Woche. Da kommen schon einige zusammen, die aber allesamt, so betonen die Driehsen-Damen über den Hofverkauf an die Kunden gehen.
„Ich wollt, ich wär ein Huhn, legte vormittags ein Ei und abends wär‘ ich frei. Ich legte täglich nur ein Ei und sonntags auch mal zwei“, sangen einst die Comedian Harmonists. Während der erste Satz passt, ist der zweite nicht ganz richtig. Nicht jeden Tag legt ein Huhn ein Ei; es setzt auch schon mal aus und zwei am Sonntag schon gar nicht.
„Ab der 21. Woche beginnt ein Huhn Eier zu legen und nach eineinhalb Jahren ist dann wieder Schluss. Mit etwa 19 Wochen kommen die Tiere nach St. Tönis. „Wir haben einzelne Gruppen in unterschiedlichem Alter. Damit gewährleisten wir ein durchgängiges Angebot“, sagt Gaby Driehsen. Junge Hühner fabrizieren kleine Eier mit einer dickeren Schale, bei älteren ist es genau umgekehrt.
Und dann gibt es noch die sogenannten Windeier. Eier, denen die Kalkschicht fehlt. „Die sind völlig in Ordnung und eignen sich zum Backen oder als Rührei. In den Verkauf gehen sie natürlich nicht“, sagt Marietta Driehsen. Wenn die Hühner nicht mehr legen, werden sie eingefangen – die einzelnen Gruppen haben verschiedenfarbige Ringe – und zum einem Schlachter gebracht. Anschließend gehen sie zurück auf den Driehsen-Hof und werden als Suppenhühner verkauft. „Dafür verkaufen wir vorher Gutscheine in dem Milchtankstellen-Häuschen an unsere Kunden“, erklärt Marietta Driehsen.
Das Hühnerhotel – der Fachbegriff lautet Hühnermobil – ist nicht nur für die Hühner ein sicheres Zuhause, sondern auch eine Erleichterung für die Menschen. Vieles läuft automatisch ab. So wird die morgendliche Öffnungszeit über eine Zeitschaltuhr geregelt. Ebenso die „Sperrstunde“, die sich nach der Dämmerung richtet. Dann gehen die Hühner freiwillig ins Hotel und richten sich auf die Nachtruhe ein. Die Unterkunft ist fuchs- und mardersicher, Futter und Wasser kommen über Spender. Das Hotel wird täglich von Menschenhand geputzt und alle drei Tage verschoben. „Damit die Hühner wieder frisches Gras picken können“, erklärt Gaby Driehsen. Nur der Zaun um die Wiese musste erhöht werden, da das Federvieh sonst drüber geflattert ist.
Dieses Leben führen die Tiere das ganze Jahr. „Sie sind robust und waren bisher noch nie krank“, sagt Marietta Driehsen. Weshalb es auch nicht nötig sei, beispielsweise Antibiotika zu verabreichen.
Zum Schluss stellt sich dann noch die Frage, wofür denn die fünf Hähne gebraucht werden, wenn, wie die Driehsen-Frauen sagen, Hühner auch ohne sie Eier legen. Die Antwort: „Die beruhigen die Mädels, weil sie aufpassen. Sie schlagen Alarm, wenn Raubvögel kommen oder mindern die Panik, wenn Flugzeuge über sie hinweg fliegen.“ Sie sind also tatsächlich die „starken Männer“ auf der Wiese.