Schule Lehrermangel: Fast 4400 Stellen offen
Der Lehrermangel ist nach wie vor vorhanden. Trotz finanzieller Aufrüstung, wie auch mehr angebotenen Stellen, ist der Bedarf immens hoch.
Trotz gewachsener Ausgaben für die Schulen und zusätzlicher Lehrerjobs ist die Lücke zwischen bereitstehenden Lehrerstellen und der tatsächlichen Besetzung größer geworden. Waren in Nordrhein-Westfalen zu Beginn der abgelaufenen Legislaturperiode 2017 noch 1,9 Prozent der Stellen unbesetzt, sind es jetzt 2,7 Prozent. Das geht aus Zahlen hervor, die das nordrhein-westfälische Schulministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur zur Verfügung gestellt hat.
Demnach ist die Zahl der Lehrerstellen zwar seit Oktober 2017 um 7829 auf rund 160 120 gewachsen. Allerdings waren davon am 1. Juni dieses Jahres rund 4369 nicht besetzt. Vor fünf Jahren waren dagegen 2945 von 152 291 Stellen unbesetzt.
Die neue Schulministerin Dorothee Feller (CDU) kündigte Abhilfe an: „Diese Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Lehrerversorgung der Schulen in unserem Land nachhaltig zu verbessern“, versicherte sie der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Das sei eine Daueraufgabe, die nun aktiv angegangen werde. „Wir werden zusätzlich 10 000 Lehrkräfte an unsere Schulen bringen und die Eingangsbesoldung für alle Lehrer auf A 13 anheben.“ Das hatten CDU und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.
„Das wird vor allem an den Grundschulen helfen, den Lehrerberuf attraktiver zu machen und ist ein eindeutiges Zeichen der Wertschätzung“, betonte die Ministerin. Langfristig seien auch mehr Studienplätze hilfreich. „Wir brauchen aber auch Maßnahmen, die kurz- und mittelfristig wirken. Deshalb werden wir jetzt zum Beispiel prüfen, inwieweit wir weitere pädagogische Fachkräfte an unsere Schulen bringen können.“ Diese Vorhaben würden „jetzt mit Hochdruck angegangen“, versicherte die CDU-Politikerin.
Der Lehrerverband Bildung und Erziehung lobte die Ankündigungen, betonte aber, jetzt komme es - etwa bei der Lehrereingangsbesoldung - auf zügige Umsetzung an. „Andere Bundesländer sind bereits weiter“, unterstrich der Landesvorsitzende Stefan Behlau.
Die SPD-Opposition kritisierte, bislang bleibe die schwarz-grüne Koalition „viel zu vage“. Es sei wichtig, die Zahl der Lehramtsstudienplätze, angepasst an den Bedarf der unterschiedlichen Schulformen, auszuweiten, unterstrich der Vizevorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Jochen Ott. Massive Defizite gebe es auch bei Sonder- und Sozialpädagogik. Die Zahl der unbesetzten Stellen zeige, dass die CDU-geführte Landesregierung ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden sei.
Allerdings war der Schuletat in den vergangenen Jahren stetig gesteigert worden. Mit aktuell rund 21 Milliarden Euro ist er der größte Einzelposten im Landeshaushalt 2022.
Mit Sonderprogrammen - etwa für Seiteneinsteiger, Pensionäre und Laufbahnwechsler - habe die Landesregierung rund 5900 zusätzliche Einstellungen oder Weiterbeschäftigungen im Schuldienst ermöglicht, bilanzierte das Ministerium die abgelaufene Legislaturperiode. Demnach konnten allein schon 1047 Seiteneinsteiger für die Grundschulen gewonnen werden.
Die Zahl der Pensionäre, die sich bereiterklärt hätten, wieder als tarifbeschäftigte Lehrkräfte im Schuldienst zu arbeiten, habe sich seit 2016 von damals 415 Lehrkräften auf 942 Lehrkräfte im Jahr 2021 mehr als verdoppelt. Auch die Möglichkeit, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, sei im vergangenen Jahr von 87 Lehrkräften genutzt worden.
Zusätzlich hätten schon 750 eigentlich für die Sekundarstufe II ausgebildete Lehrkräfte das Angebot einer Dauerbeschäftigung an einer Grundschule angenommen - verbunden mit der Garantie, nach zwei oder vier Jahren, entsprechend der Lehramtsbefähigung, auf eine Stelle für die Sekundarstelle II versetzt zu werden. Auch die 2018 eingeführte Möglichkeit, für die Sekundarstufe II ausgebildete Lehrkräfte zunächst in der Sekundarstufe I einzusetzen - mit Laufbahnwechselangebot nach vier Jahren - habe bereits zu 457 Einstellungen in einem Dauerbeschäftigungsverhältnis geführt.
In der Primarstufe und der Sekundarstufe hat es in den vergangenen Jahren besonders großen Fachkräftemangel gegeben, für die Gymnasien dagegen - mit Ausnahme von Mangelfächern wie Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik, Technik, Kunst und Musik - ein Überangebot.
Da aber infolge der Umstellung vom acht- auf den neunjährigen Bildungsgang ein erheblicher Mehrbedarf an den Gymnasien zum Schuljahresbeginn 2026/27 prognostiziert worden ist, wurden den Bezirksregierungen im Vorgriff bereits 1450 zusätzliche Stellen zugewiesen. Sie dürfen bis dahin noch anderen Schulformen zugute kommen. Das sei bei den meisten der bislang 1380 eingestellten Lehrkräfte aus diesem Vorgriffsverfahren bereits geschehen, bilanzierte das Ministerium.
Seit rund zwei Jahren gibt es zudem die Möglichkeit, Lehrkräfte mit Sonderzulagen in Höhe von 350 Euro an besonders schwierige, schon lange vergeblich nach Personal suchende Standorte zu locken. Diese Option sei schon 148 Mal erfolgreich gezogen worden. Die Brutto-Monatszuschläge dürfen zweieinhalb Jahre gezahlt werden.
Auch bei Lehramtsanwärtern wurden Potenziale gehoben: Sie dürfen seit dem Schuljahr 2020/21 freiwillig zusätzliche Unterrichtsstunden an ihrer Ausbildungsschule erteilen. Die Mehrarbeit wird vergütet. Bis zum Mai dieses Jahres hätten landesweit 1225 Referendare das genutzt, berichtete das Ministerium. Weitere Einstellungen seien durch die Neuausrichtung der Inklusion und zusätzliche Stellen für sachgrundlose Befristungen ermöglicht worden.