Stadtwerke Kempen wollen Kunden finanziell beteiligen Mit Bürgerbeteiligung zur Ladesäule

Kempen · Mit einem für Kempen neuartigen Crowdfunding-Modell will der Energieversorger Geld einwerben. Damit soll in den kommenden fünf  Jahren die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ausgebaut werden.

Die erste Stromtankstelle für Elektrofahrzeuge wurde im August 2018 auf dem Viehmarkt in Betrieb genommen (Archivbild).

Foto: Norbert Prümen

14 Ladesäulen mit insgesamt 28 Ladepunkten unterhalten die Stadtwerke Kempen in der Thomasstadt. Die erste Stromtankstelle für Elektrofahrzeuge wurde im August 2018 auf dem Viehmarkt in Betrieb genommen. Seither wurde das Netz der Elektroladesäulen schrittweise im gesamten Stadtgebiet ausgebaut. Nun soll der Ausbau mit deutlich mehr Tempo vorangetrieben werden. Um den Prozess finanzieren zu können, setzen die Stadtwerke auch auf ihre Kunden. Die können zu besonders günstigen Konditionen Geld in ein spezielles Crowdfunding-Projekt einzahlen. Das Gemeinschaftsvorhaben von Stadtwerken und DKB Bank wurde jetzt bei einer Informationsveranstaltung vorgestellt.

Das Interesse an dem Projekt mit dem Titel „Elektromobilität in Kempen – Ausbau der Ladinfrastruktur“ scheint bei der Stadtwerke-Kundschaft durchaus vorhanden zu sein. Rund 80 Interessenten verfolgten die Präsentation des Vorhabens sowohl online als auch unmittelbar in einer Halle auf dem Gelände des städtischen Energieversorgers an der Heinrich-Horten-Straße. Dort stellten Stadtwerke-Geschäftsführer Daniel Banzhaf und Erik Parthier von der DKB Bank die Pläne vor.

Eine Million Euro sollen über die besondere Beteiligung von Bürgern in den nächsten Monaten eingeworben werden. Damit sollen in den kommenden fünf Jahren weitere 55 normale Ladesäulen und fünf so genannte Schnell-Ladesäulen in Kempen, St. Hubert und Tönisberg installiert werden. Das nötige Geld soll über ein Anlagemodell nach dem Crowdfunding-Prinzip bei Kunden der Stadtwerke und anderen Bürgern eingeworben werden.

Bei diesem „Crowdinvesting“ können Interessenten Geldbeträge zwischen mindestens 250 Euro und maximal 25 000 Euro anlegen. Das Geld muss für zehn Jahre fest angelegt werden. Als Verzinsung stellt die DKB Crowdfunding GmbH für die Anleger einen Zinssatz von 4 Prozent in Aussicht. Stadtwerke-Kunden können sogar mit einem Zinssatz von 4,5 Prozent rechnen.

Schon über 160 Projekte
wurden so ins Leben gerufen

Wie Erik Parthier, Spezialist für Bürgerbeteiligungen bei der DKB Bank, berichtete, bringt sein Geldinstitut schon große Erfahrung mit solchen Finanzierungs- und Geldanlagemodellen mit. Auf diese Weise seien bereits Bürgerwindparks, aber auch Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Altenpflegeheime oder Wohnungen gebaut worden. Mehr als 160 Bürgerbeteiligungsprojekte seien so entstanden, berichtete Parthier. Häufig mit im Boot sind öffentlich-rechtliche Partner wie kommunale Energieversorger.

Die Stadtwerke Kempen arbeiten bei der Finanzierung anderer Projekte bereits mit der DKB Bank zusammen. Insofern habe es nahe gelegen, sich bei der für die Stadtwerke Kempen neuen Form der Finanzierung an die DKB als Partner zu wenden. Bereits im nächsten Jahr sollen die ersten zehn Säulen nach dem neuen Bürgerbeteiligungsmodell finanziert und installiert werden. Als Standorte nannte Stadtwerke-Geschäftsführer Banzhaf: Oelstraße, Concordienplatz, Auguste-Tibus-Straße, Lilienstraße, Erkesweg, Blaatendoop, Ludwig-Jahn-Straße, Graf-Bernadotte-Straße, Berliner Allee und Einsteinstraße. Etwa 25 weitere Standorte würden derzeit mit der Stadtverwaltung abgestimmt, so Daniel Banzhaf.

Der Stadtwerke-Geschäftsführer – erst seit 1. April dieses Jahres im Amt – setzt große Hoffnungen in das neue Finanzierungsmodell. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge im Kempener Stadtgebiet, finanziert mit Geldanlagen von Bürgern, ist für Banzhaf zunächst ein „Versuchsballon“, wie er sagte. Weitere Projekte, die die Stadtwerke bereits planen, zum Beispiel eine schwimmende Photovoltaik-Anlage auf dem Königshüttesee oder vielleicht sogar die große Solarthermie-Anlage, die seit Jahren im Gespräch ist, könnten möglicherweise mit Hilfe von privaten Geldanlegern finanziert werden.

Doch das ist Zukunftsmusik. Die Stadtwerke werden für den Ausbau der Ladeinfrastruktur im ersten Quartal 2025 eine eigenständige 100-prozentige Tochtergesellschaft gründen. So ist es im Energiewirtschaftsgesetz vorgeschrieben. In diese Firma, die den Namen „Stadtwerke Kempen Elektromobilitäts GmbH“ erhalten soll, werden auch die bereits bestehenden 14 Säulen überführt. Die Zielrichtung der Stadtwerke in einem zunehmend umkämpften Markt definiert Stadtwerke-Geschäftsführer Banzhaf so: „Wir wollen führender Anbieter von Ladesäulen in Kempen werden.“ Die Stadtwerke Kempen sind Teil eines Verbundes aus Energieversorgern, die deutschlandweit von der Firma TankE Netzwerk bei ihrer Ladeinfrastruktur vor Ort unterstützt werden.

Ab 29. Januar 2025 können interessierte private Geldanleger Anteile an dem Crowdinvest zeichnen. Die sogenannte Vorzeichnungsphase exklusiv für Stadtwerke-Kunden endet am 26. Februar 2025. Danach können sich Anleger bundesweit beteiligen. Das Investmentziel von einer Million Euro soll spätestens am 26. März 2025 erreicht sein. Die Laufzeit der Anlagen endet am 31. Dezember 2035. Die Rückzahlung der Anlage kann sukzessive jährlich erfolgen, muss aber entsprechend vereinbart werden. Wie DKB-Spezialist Parthier erklärte, sei Crowdinvesting keine sinnvolle Möglichkeit für diejenigen, die an kurzfristigen Geldanlagen interessiert seien.