15-Jähriger wird wegen Leichenfotos angeklagt
Der Jugendliche aus dem Kreis Viersen soll Anfang des Jahres nicht nur den getöteten Dominik P. fotografiert, sondern die Bilder auch über WhatsApp verbreitet haben.
Nach dem Leichenfund auf dem Reme-Gelände im Februar dieses Jahres suchte die Polizei nicht nur einen Mörder. Sie wollte auch denjenigen zu Rechenschaft ziehen, der wenige Stunden nach der Bluttat Fotos des mit 30 Messerstichen getöteten 17-Jährigen über den Nachrichtendienst WhatsApp verbreitete. Knapp zwei Wochen dauerte die mühsame und umständliche Ermittlungsarbeit, dann stießen die Kriminalbeamten auf den mutmaßlichen Täter, einen 15-Jährigen aus dem Kreis Viersen. „WhatsApp-Nachrichten lassen sich technisch nicht nachvollziehen“, sagt Polizeisprecher Jürgen Lützen. Die Ermittler hätten jeden bekannten Empfänger fragen müssen, wer ihm die Fotos geschickt hat. Dies sei dann so lange gemacht worden, bis die gesamte lange Kette bis zum Ursprung zurückverfolgt war.
Nun ist der 15-Jährige wegen Verstoßes gegen das Kunst-Urhebergesetz angeklagt. „Jeder hat das Recht an seinem eigenen Bild. Im Fall des Getöteten geht es auf die Erben über“, sagt Dr. Martin Alberring, Sprecher des Mönchengladbacher Landgerichts. Der Prozess wird am Viersener Amtsgericht vor dem Jugendstrafrichter in nicht-öffentlicher Sitzung stattfinden.
Am 1. Februar war der 15-Jährige zu dem Reme-Gelände gekommen, wo er sich schon oft mit Freunden getroffen hatte. Dort fand er zu seinem Entsetzen auf einem Verbindungsweg einen ihm unbekannten Toten, den später identifizierten Dominik P.. Er machte mit seinem Smartphone Fotos von dem Toten. Als er merkte, dass Passanten sich näherten, lief er aus Angst weg, weil er mit der Situation offensichtlich überfordert war. Die Passanten waren es, die dann die Polizei alarmierten.
Zwei Fotos soll der 15-Jährige über WhatsApp verbreitet haben. Er schickte sie unter anderem an Mitschüler. Die Folge: Bei der Polizei gingen zahlreiche Hilfeschreie aus Schulen ein. Lehrer berichteten von verstörten Schülern, denen die Leichenbilder aufs Smartphone übermittelt wurden. Der schulpsychologische Dienst wurde zur Unterstützung eingeschaltet.
Warum der 15-Jährige die Fotos von dem Mordopfer machte, konnte er der Polizei nicht sagen. Die Weitergabe der makaberen Bilder erklärte er später damit, dass er die Situation nicht habe verarbeiten können. Er habe mit jemandem darüber sprechen wollen. Das Verschicken der Bilder sei so etwas wie ein Hilfeschrei gewesen. Welche Lawine der 15-Jährige damit über die sozialen Medien lostreten sollte, sei ihm nicht bewusst gewesen, teilte die Polizei damals mit.
Welche Strafe den Jungen nun erwartet, wird wohl nicht vor Herbst feststehen. Denn vorher wird der Prozess nicht beginnen. Einem Erwachsenen könnte eine Haftstrafe zu einem Jahr drohen. Bei einem Jugendlichen ist die Straferwartung deutlich geringer.
Der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder von Dominik P. läuft zurzeit vor der Jugendkammer am Landgericht Mönchengladbach. Mit einer Haftstrafe muss der ermittelte 21-Jährige nicht rechnen. Er soll zur Tatzeit schuldunfähig gewesen sein. Im Prozess geht es um seine Sicherungsverwahrung.