Awo-Mitarbeiter im Warnstreik
Rund 200 Mitarbeiter demonstrierten vor der Geschäftsstelle des Kreisverbandes für Tarifentlohnung.
Mönchengladbach. „Motivierte, nach Tarif bezahlte Mitarbeiter arbeiten lieber und besser. Und wir sind trotz höherer Löhne nicht der teuerste Anbieter“, sagt Helmut Wallrafen-Dreisow, Geschäftsführer der städtischen Sozialholding. Über die Konkurrenz will er sich nicht äußern, doch man muss nicht lang zwischen den Zeilen suchen, um herauszulesen, dass andere weniger bezahlen. Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) sogar unter Tarif. Donnerstag gingen deshalb rund 200 der 350 Mitarbeiter im Rahmen eines ganztägigen Warnstreiks auf die Straße und protestierten vor der Geschäftsstelle des Kreisverbandes.
„Der Awo-Kreisverband mit seinen vier gGmbH’en verfügt weder über einen Betriebsrat noch über eine Tarifbindung und ist somit in der Region der einzige ,weiße Fleck’ in Sachen Mitbestimmung und Tarifbindung“, sagt Verdi-Gewerkschaftssekretär Frank Dücker. Mehr noch: Weil der Gladbacher Kreisverband die Übernahme seines angeschlagenen Viersener Pendants vorbereite, habe Awo-Geschäftsführer Uwe Bohlen darauf hingewirkt, dass der dortige Kreisverband aus dem Arbeitgeberverband und somit aus dem Tarif ausscheidet.
Letzterem widerspricht Bohlen nicht. „Der Vertrag für die Übernahme der Geschäftsfelder soll noch 2014 unterschrieben werden. Das bedeutet für uns einen großen Invest, dabei geht es auch um Viersener Altschulden. Die Übernahme wäre schlichtweg nicht möglich, wenn die aktuellen Tarifforderungen umgesetzt würden.“ Es gehe schließlich auch um 200 Arbeitsplätze in Viersen — und die Gladbacher Awo sei „kein weißer Ritter, der mal eben Karstadt übernimmt“.
Und die Entlohnung bei der Awo? Ist die auskömmlich? „Natürlich haben wir ein Interesse daran, dass wir unsere Leute ordentlich bezahlen“, sagt Bohlen. In demjenigen Bereich, in dem man deutlich unter dem Durchschnitt gelegen habe — der Offene Ganztag — sei man dank Nachbesserungen des Stadtrats seit August „auf Niveau des Tarifvertrages“. Bei den Fachkräften in der Pflege sogar „über Tarif“.
„Und wir prüfen derzeit Stück für Stück all unsere Arbeitsbereiche, um zu schauen, wo man gegebenenfalls noch nachbessern kann.“ Es sei jedoch auch klar, dass man im sozialen Bereich „immer auf Kante genäht“ sein werde. Frank Dücker wiederum sagt, dass die Personalkosten der Gladbacher Awo nicht nur deutlich unter dem Bundestarif, sondern auch deutlich unter dem Awo-Durchschnitt lägen. Seit Anfang der 2000er Jahre gibt es keinen bundeseinheitlichen Arbeitgeber Arbeiterwohlfahrt mehr — und somit auch keinen einheitlichen Tarifvertrag.
Später gründete sich ein Arbeitgeberverband, dem der Gladbacher Kreisverband aber nie beitrat. „Das war der Situation des Umbruchs geschuldet“, sagt Bohlen. „Und spätere Überlegungen in diese Richtung scheiterten daran, dass wir die Finanzierung sicherstellen müssen.“ Und das Thema Betriebsrat? „Diejenigen, die sich je diesbezüglich engagieren wollten, arbeiten heute nicht mehr bei der Awo“, sagt Dücker. Bohlen widerspricht: „Wenn das gewollt wäre, wäre das überhaupt kein Problem.“ Es sei aber nie ein konkreter Wunsch aus der Belegschaft heraus gekommen.
Die fünfte Verhandlungsrunde im laufenden Tarifstreit der nordrhein-westfälischen Arbeiterwohlfahrten ist am 20. November. Für den 19. November kündigt Frank Dücker neue Warnstreiks an.