Dauerfeuer von der Bühne

Atze Schröder macht den Underdog zwar nicht gesellschaftsfähig, aber er erweist seiner Bodenständigkeit die Ehre.

Mönchengladbach. Er ist durchaus politisch. Das muss auch so sein, wenn das Programm "Revolution", heißt, mit dem Atze Schröder gerade durch die Republik tourt. Ein gestrandeter Helikopter mit dem roten Stern auf der Tür leistet ihm Gesellschaft auf der Bühne im Hockeystadion, damit der Comedian da nicht gar so klein vor den ausverkauften Rängen steht.

Töne wie aus dem Dauerfeuer eines Maschinengewehrs prasseln auf das Publikum herunter, werden abgelöst von Volksmusik "Grüetzi, servus" und sollen den Spagat markieren, den die Kultfigur der Comedy-Szene diesmal leisten will. Und da mault er dann schon mal über die Ungerechtigkeit in der Welt, in der Bänker 20 Millionen straffrei abzocken können und eine kleine Verkäuferin wegen einer Frikadelle ihren Job verliert. Damit trifft er den Nerv seines Publikums.

Am meisten überzeugt er jedoch, wenn der Blick nicht kühl intellektuell ist, sondern durch die tropfenförmige Brille des Prolls geht, der beispielsweise darüber witzelt, dass Deutschland es immerhin zu zwei Frauen in der Regierungsspitze gebracht habe.

Und dass "von und zu Gutenberg" so schön sei, dass sich Wowereit und Westerwelle darum zanken würden, wer neben ihm sitzen dürfe. Ein Proll, der die richtigen Kerle vermisst und feststellt, dass der einzige Politiker, der diesem Anspruch genügen würde, Angela Merkel sei.

Ein Proll, der weiß, warum Verona Pooth für Kik Reklame macht. "Wer mit Franjo verheiratet ist, braucht jeden Cent." Und dabei nicht vergisst, wie wenig glaubwürdig sie dabei sei: "Die geht doch nicht in dem Kik-Lappen zur Bambi-Verleihung?" Überzeugender, findet er, wäre es, wenn Cindy aus Marzahn für die Billigkette werben würde.

Ein Proll, der nur so strotzt vor Schlagfertigkeit. Dem jeder gönnt, dass er freiweg sagt, was ihm selbst nie einfallen würde. Der so herrlich politisch unkorrekt ist. Der Proll, der sich im Drei-Sterne-Restaurant so unbedarft anstellt, wie es viele tun würden, denen der Sinn für solcherlei sehr überschaubar angeordnete Genüsse abgeht. Der damit zwar immer noch nicht salonfähig ist, sich aber vielleicht weniger schämt, ein Proll zu sein.

Stehenden Applaus bekommt er für seinen Auftritt, den er pünktlich um halb elf beendet.