Rheydt. Das Protest-Poster fällt schon wegen der Größe auf: "Herr, vergib ihnen nicht, denn sie wissen, was sie tun" steht da. Sarkasmus pur, angelehnt an die Worte des gekreuzigten Jesus, vor dem Rheydter Verwaltungsgebäude des Kabelherstellers Nexans an der Bonnenbroicher Straße.
Knapp 400 Männer und Frauen aus mehreren Werken haben sich zur Kundgebung versammelt, während im rückwärtigen Teil des Bürokomplexes der Aufsichtsrat der Nexans Deutschland tagt. Man ist zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen gekommen. Einziges, brisantes Thema: Die Zukunft des modernen Nexans-Werkes im thüringischen Vacha.
Gladbachs Betriebsratschef Udo Hess ist besorgt: "Wenn die den Laden da dicht machen, dann trifft uns das auch in Rheydt." Von bis zu 40 Beschäftigten ist die Rede. In Rheydt arbeiten noch 650 Leute in fünf Schichten, 160 von ihnen arbeiten derzeit kurz. Nach Thüringen liefern die Rheydter Seile (verkabelten Draht) sowie Kunststoffmischungen.
Dass Vacha aufgegeben werden soll, weil die östliche Konkurrenz so genannte Installationskabel (für den Hausbau, Elektrogeräte etc.) viel billiger herstellen könne, ist längst in der französischen Konzernzentrale entschieden worden.
Während Knallkörper fliegen und die Polizei einschreitet, geht Bernd Messerschmidt, Betriebsratsvorsitzender in Vacha, ans Mikro. "Wir werden betrogen und verhöhnt", sagt er. Messerschmidt ist aufgebracht. Die Reaktion seiner Zuhörer sind ein schrilles Trillerpfeifen-Konzert und Buhrufe.
Bereits im vergangenen Jahr habe man einem Kostensenkungsprogramm zugestimmt und die Zusage "von der Kapitalseite" bekommen, dass die Fabrik in Vacha. mit ihren dann rund 160 Arbeitsplätzen langfristig gesichert sei. 65 Kolleginnen und Kollegen mussten aber gehen.
Die Betriebsräte aus Werken wie Nürnberg, Hannover, Bramsche sagen zu den 100 erschienenen Betroffenen aus Vacha: "Wir sind solidarisch mit Euch, wir kämpfen mit Euch um den Erhalt der Jobs, wir lassen uns nicht spalten."
Laut Hess hat der Aufsichtsrat eine Entscheidung über Vacha auf den 19. Mai verschoben. Bis dahin wollen Betriebsräte und ein Unternehmensberater ein Konzept erarbeiten. Überschrift: "So retten wir Vacha".
Ob das die Konzernherren überzeugt, erscheint fraglich. Auf WZ-Anfrage gab es keine Stellungnahme der Firmenleitung.