Ein Therapeut auf vier Hufen
Jutta Junkers und ihre Ponys helfen behinderten Kindern, besser im Alltag zurechtzukommen.
Mönchengladbach. Es ist ein Moment, der Margit Zweipfennig und Jutta Junker immer wieder die Tränen in die Augen treibt: Larissa hält Pony Jerry am Strick und macht ein paar vorsichtige Schritte. Der kleine Wallach trippelt langsam neben ihr her.
Dabei dreht er seinen Kopf in die Richtung des Mädchens, als wolle er fragen: "Alles in Ordnung?" Dann bleibt Larissa stehen und kuschelt sich eng an Jerry. Die Siebenjährige strahlt über das ganze Gesicht, als sie ihren Kopf an den Körper des Tieres schmiegt. "Die beiden sind ein tolles Team. Da stimmt die Chemie", freut sich Jutta Junker.
Larissa Zweipfennig leidet an einer muskulären Dystonie, das heißt, an einer Muskelbewegungsstörung, die ihr Gehen und Sprechen erschwert. Seit vier Jahren hilft ihr ein wiehernder Therapeut dabei, besser mit ihrer Behinderung zurechtzukommen.
Einmal in der Woche fährt Mutter Margit mit Larissa zur Ergo- und Reittherapeutin Jutta Junker. Die 29-Jährige wird von drei zweibeinigen und acht vierbeinigen Kollegen unterstützt. Bis zu 50 kleine Patienten lassen sich von Junker, ihrem Team und den Ponys behandeln.
Die Kinder leiden an körperlichen und geistigen Behinderungen oder psychischen Beschwerden. "Das Reiten tut ihnen körperlich gut. Die Bewegungen der Ponys simulieren gangtypische Bewegungen. Auch emotional sind die Tiere eine tolle Hilfe für Kinder. Sie wirken beruhigend, gehen unvoreingenommen auf die Jungen und Mädchen ein", erklärt Junker.
Die Mönchengladbacherin ist seit ihrer Kindheit begeisterte Reiterin. 2001 absolvierte sie ihr Ergotherapie-Examen. Danach wollte sie Hobby und Beruf verbinden. Sie schloss eine Zusatzausbildung ab und eröffnete ihre eigene Praxis in ihrem Haus in Winkeln.
Dazu kaufte sie sich acht extra ausgebildete Ponys, die ihr auf ihrem großen Grundstück bei der Arbeit mit den Kindern zur Seite stehen. "Es ist nicht nur das Reiten. Auch die Pflege und der Umgang mit den Ponys gehören dazu", sagt Junker.
Als Larissa das erste Mal zu Jutta Junker und ihren Ponys kam, konnte sie nicht laufen und schaffte es kaum, etwas in der Hand zu halten. Kaum ein halbes Jahr später machte sie ihre ersten Schritte. Mittlerweile kann Larissa ihren Pony-Freund Jerry selbständig striegeln.
Ganz ohne Sattel klettert sie auf den Rücken des nur einen Meter großen Shetlandponys. Dann stehen kleine Turnübungen oder Spiele auf dem Programm. Besonders Spaß macht es Larissa, wenn sie von Jerrys Rücken aus Ringe vom Zaun greifen und in einen Eimer werfen soll. "Sie hat tolle Fortschritte gemacht", freuen sich Junker und Mutter Margit Zweipfennig.
Noch werden die Kosten für die Reittherapie (47 Euro pro Stunde) nur zum Teil und im Rahmen der Eingliederungshilfe erstattet. Jutta Junker plant, in Zukunft eine Studie zu veröffentlichen, die den Erfolg der Therapie mit den Ponys wissenschaftlich belegt.