Ein Untergang, der viel Applaus erntet

Im Nordpark feierte Bernarda Horres Inszenierung der Buddenbrooks Premiere.

Mönchengladbach. Es sind nur einzelne Sätze, die im Theaterstück "Buddenbrooks" von John von Düffel von der typischen Sprache des Romanautors Thomas Mann übrig bleiben. Nur ein paar Mal sagt einer der Schauspieler einen dieser langen Sätze mit den vielen Nebensätzen und Einschüben, die aus einem schier unendlich großen Wortschatz schöpfen, was die Mannsche Sprache so schön und elegant macht, dass sie einen 800 Seiten lang über die Dekadenz einer Bürgersfamilie des 19. Jahrhunderts trägt.

Es feierte am Freitagabend Premiere im TiN. Bernarda Horres setzt bei ihrer Inszenierung in Bilder um, in Dialoge, in Handlung. Sie zeigt die Mechanismen, die zwischen den Menschen einer Familie ablaufen. Wie sie ständig versuchen, sich zu manipulieren, sich schließlich hassen - und doch nur an einander wirklichen Halt finden können. Es braucht nicht viele Worte, um zu zeigen was Thomas in seiner Kindheit erdulden musste.

Der erste Sohn des Konsuls und dessen Erbe ist ein überaus gestrenger Vater geworden, der schließlich das Gedicht selbst aufsagt, das er von seinem Sohn hören möchte. Er steht dabei vorne an der Rampe und ohrfeigt sich selbst. Christopher Wintgens erntet für seine Interpretation der Figur Bravo-Rufe.

Auch die Episode um Tochter Tonis erste Ehe mit dem schmierigen Mitgiftjäger Grünlich (Daniel Minetti) ist wunderbar dicht inszeniert und gespielt. Anderes bleibt blass, wie etwa Gerda (gespielt von Felicitas Breest), Thomas Frau. Ester Keil spielt die Toni punktgenau als das verwöhnte naive Töchterchen, ihr Gesicht spiegelt gleichermaßen deren jugendliches Ungestüm und die Bitterkeit der alternden Frau ohne Perspektive.

Ronny Tomiska gibt den Zweitgeborenen, Christian, als überdrehten Bohemien und zeigt doch dessen ernsthafte Suche nach Freiheit und der Fähigkeit, nur aus dem eigenen Sein heraus aufrecht gehen zu können. So wird die Aufführung zu einer eigenen Kunstform, in der der Untergang der Familie mit Pause nur zweieinviertel Stunden dauert und sehr viel Applaus erntet. boe