EM-Fieber: Flotte Fahrt mit Fahne
Auf Gladbachs Straßen ist nicht nur die deutsche Flagge vertreten. Sogar die Farben Tibets wurden gesichtet.
Mönchengladbach. Zur WM 2006 hatten sie Hochkonjunktur, die Nationalflaggen an Autos. Und jetzt zur EM zeigen wieder Tausende Gladbacher auf diese Art und Weise Flagge und outen sich damit als Patrioten.
"Muss sein", lautet Tobias Jingters Motiv für die Beflaggung seines Pkw. "Weil es einfach zum Lebensgefühl in diesen Tagen gehört", sagt er, und seine Freunde ergänzen, dass es an die Stimmung bei der WM erinnert.
Für viele Gladbacher ist das Anstecken der Fahne inzwischen ganz normal. Das findet auch Alberto Selpietro. Zwar ist der Deutsch-Italiener nach der herben Niederlage gegen die Niederlande noch immer tief geknickt, die Doppelbeflaggung - links deutsch, rechts italienisch - würde er aber trotzdem nicht abnehmen. "Auch nicht, wenn wir ausscheiden. Ich finde es toll, auf der Straße die ganzen Fahnen an den Autos zu sehen, da gibt es richtig spannende Variationen", sagt Salpietro.
Etwa die schwarze Gladbacher A-Klasse, die nicht nur mit deutscher Fahne und Hawaii-Kette in Schwarz-Rot-Gold durch die Stadt kurvt, sondern gleich auch noch am Heck die riesige Fahne Englands, eine kleine finnische und die Flagge des ehemals unabhängigen Staates Tibet ans Seitenfenster gesteckt hat - der Dalai Lama lässt grüßen.
"Flaggen haben auch für uns Deutsche den streng nationalen Charakter verloren. Sie drücken Freude, Sympathie und Begeisterung für etwas aus", sagt der Gladbacher Psychologe Sebastian Stich zu dem Flaggen-Phänomen. "Wer in diesen Tagen sein Auto flaggt, zeigt eine positive Einstellung zum Leben", so der Fachmann.
Neben der doppelten Länderbeflaggung fahren viele Gladbacher auch mit der Borussenfahne. Auch Nenad Batljan liebt die "Fahnenautos". "Ich habe die kroatische und die deutsche angesteckt. "Zwar komme ich aus Bosnien, aber die haben sich ja leider nicht qualifiziert, also halte ich zu Kroatien. Aber Deutschland ist inzwischen meine Heimat, da ich seit 1989 hier wohne."
So sei es für ihn selbstverständlich, auch die Bundesflagge ans rollende Blech zu stecken. "Das macht einfach Spaß. Toll, dass die Deutschen endlich lockerer mit ihren Nationalsymbolen umgehen", meint er.