Erneuter Prozess wertet Gasanschlag als „terroristische Aktion“

Im neu aufgerollten Prozess gegen Sascha H. um die Gas-Explosion wurde ein scharfes Urteil gesprochen.

Mönchengladbach. "Das war eine terroristische Aktion": Die drastischen Worte, die der Richter am Ende des neu aufgerollten Prozesses um die Gas-Explosion am Siepensteg fällt, lassen keinen Raum für Missverständnisse. Das Urteil ist entsprechend eindeutig: Der 23-jährige Sascha H. ist des Mordes und des versuchten Mordes in Tateinheit mit einer herbeigeführten Sprengstoffexplosion schuldig. Er muss eine lebenslange Freiheitsstrafe absitzen.

Der junge Mann soll aus Liebeskummer im März 2008 "durch aktives Zutun" das Wohnhaus am Siepensteg 11 durch eine Explosion zum Einsturz gebracht haben. Er habe den Hahn der Gastherme in seiner Wohnung aufgedreht und dabei den Tod von Menschen "billigend in Kauf genommen". Bei dem Unglück am 9. März 2008 war sein Nachbar Karl-Heinz I. gestorben. Seine Ex-Freundin Jasmin G., die kurz vor der Tat mit Sascha H. Schluss gemacht hatte, überlebte nur knapp. Das Haus wurde unterdessen völlig zerstört. Der Sachschaden betrug etwa 1,3 Millionen Euro.

Das ausgeströmte Gas hatte sich entzündet, weil sich seine Ex-Freundin eine Zigarette angezündet hatte. Von dem gefährlichen Gemisch in der Luft hatte sie nichts gewusst. Laut Gericht hätte Sascha H. das Mädchen ganz bewusst nicht auf die Gefahr hingewiesen.

Für einige Beobachter kam das Urteil überraschend. Schließlich hatte es in der ersten Prozess-Serie schon ein ähnlich deutliches Urteil gegen Sascha H. gegeben - auch lebenslänglich wegen Mordes und versuchten Mordes. Sein Verteidiger hatte damals aber erfolgreich Revision eingelegt. Nun bestand Hoffnung für den Angeklagten, dass das Strafmaß verringert würde. Sein Anwalt plädierte in der Neuauflage auf fahrlässige Tötung - wie bereits im ersten Prozess.

Vor Gericht argumentierte der Verteidiger, Sascha H. habe sich das Leben nehmen wollen, als er den Gashahn aufgedreht hatte - aber keine anderen Menschen töten wollen. Dementsprechend gab Sascha H. auch an, er habe sich mit dem Gas vergiften wollen. Dieser Plan sei jedoch misslungen. Als dann kurze Zeit später die Ex-Freundin die Wohnung betreten hätte, sei er davon ausgegangen, das Gas sei nicht mehr gefährlich.

Dieser Aussage glaubte das Gericht indes nicht. Ebenso wenig nahm der Richter Sascha H. ab, er habe nicht bemerkt, dass sich Jasmin G. die tödliche Zigarette angezündet habe. Stattdessen habe Sascha H. seine "Ex" töten wollen, weil er gekränkt darüber war, dass sie die Liebesbeziehung mit ihm beendet hatte. Den Tod seines Nachbarn Karl-Heinz I. habe er in Kauf genommen. Sascha H. habe um die gewaltige Gefahr des Gas-Gemisches gewusst.

Ein weiteres Argument des Verteidigers dafür, dass Sascha H. nicht des Mordes schuldig sei, überzeugte das Gericht ebenfalls nicht. Dabei ging es um das Chinchilla des Angeklagten. H. hatte das Tier erwiesenermaßen auf den Flur der Wohnung gebracht, bevor er im Wohnzimmer den Gashahn geöffnet hatte.

Der Grund könne nur gewesen sein, dass er das Tier vor dem Gas schützen wollte, sagte der Anwalt. Das spreche dafür, dass er davon ausgegangen war, dass die Wirkung des Gases lediglich für sein Wohnzimmer eine Gefahr darstellte - nicht aber für das ganze Haus. Daher könne man ihm auch nicht des Mordes an Karl-Heinz I. schuldig sprechen.

Der Verteidiger kündigte direkt nach Prozess-Ende an, gegen das Urteil erneut in Revision zu gehen. Zahlreiche Zuschauer verfolgten das Verfahren.