Flüchtling erlebt Karneval aus einer neuen Perspektive
Vor einem Jahr floh der Nigerianer Stanley Chibuike Nnanna nach Deutschland, jetzt fuhr er zum ersten Mal in einem Zoch-Wagen mit.
Als Stanley Chibuike Nnanna seine erste Rose in die Menge wirft, kommt ein Handkuss zurück. Der 33-Jährige ruft „Oooh!“ vom Wagen und fängt an zu tanzen zum Karnevals-Hit „Wenn du nit danze kanns“. Später zückt er sein Handy, macht Erinnerungsfotos. Aus seiner Heimat Nigeria kennt er das „New Yam Festival“, das gewisse Ähnlichkeiten hat zum Karneval. Trotzdem entfährt ihm ein „Wow“, als er zum ersten Mal in seinem Leben einen Karnevalswagen, den der Weltenbummler der Großen Gladbacher Karnevalsgesellschaft, betritt.
Ein großes Schiff, voll gepackt mit Süßigkeiten. „Ich habe meine Position, ich grüße die Leute, und ich werfe Bonbons. Und ich will einfach Spaß haben“, sagt er. Und in den Stunden danach auf 5,5 Kilometern Zugweg umarmt er mit großen Gesten und „Halt Pohl“-Rufen halb Gladbach. „Es ist einfach super. Ich liebe es, wie die Leute sich freuen.“ Vor gut einem Jahr ist Nnanna aus Nigeria aus politischen Gründen nach Deutschland geflohen. Er ist registrierter Asylbewerber, er lernt Deutsch in der VHS, so gut, dass er sich schon weitgehend verständigen kann. Er hat einen Job, und im vergangenen Jahr zog er erstmals bei der Fußgruppe „De Rader Dollen“ mit, die sich zum Zoch der Großen Gladbacher Karnevalsgesellschaft anschließen.
Ein Mitglied der Fußgruppe und der Gesellschaft fragte, ob er nicht Lust hätte, einmal auf dem Wagen mitzufahren. Er hatte große Lust, und die Gesellschaft sagte sofort einen der begehrten Plätze zu. Der Kostenbeitrag für den Wagenplatz und für das Wurfmaterial wurden gesponsert, und so stand Nnanna gestern um 14 Uhr im Kostüm der Gesellschaft (ein Umhang voll mit Nationalflaggen) am vereinbarten Treffpunkt und wartete auf den Wagen. „Hallööööschen“, begrüßte ihn der Vorsitzende Bernd Lamers und schüttelte Nnanna mit Schwung die Hand.
Unterwegs steigt die Stimmung in diesem äußerst fröhlichen Karnevalswagen immer mehr. Es gibt Schnäpschen, Martina Hansen reicht immer wieder Snacks aus den Tupperdosen, und die Gesellschaftsmitglieder werfen Bonbons, Schokoriegel, Bälle, Rosen und mehr in die Menge. Und mittendrin ein zufrieden blickender Stanley Chibuike Nnanna, der „Halt Pohl!“ ruft und Kamelle wirft. „Es ist toll“, sagt er, „wie die Leute schauen, wenn man ihnen etwas zuwirft.“