Hauptkirche in Rheydt: Blumengarten statt Purismus
Die Renovierungsarbeiten gehen in die letzte Phase. Der Austausch der 50 Jahre alten Fenster erfordert einen großen Aufwand.
Rheydt. Weithin sichtbar ist das Gerüst an der Apsis der evangelischen Hauptkirche in Rheydt. „Ein Ausrufezeichen“, nennt Pfarrer Olaf Nöller einen Zusatznutzen.
Denn eigentlich wurde es aufgestellt, um die aus den 60er Jahren stammenden Fenster aus der Apsis zu entfernen. Die werden in der nächsten Zeit ersetzt, was den Abschluss der mehr als 15 Jahre dauernden Renovierungsarbeiten an dem Gotteshaus bildet, das zu den bedeutendsten Gründerzeitkirchen Deutschlands gehört.
In der Zeit des Purismus der 60er Jahre wurden die Wände weiß gemacht, jetzt entspricht die Bemalung wieder dem ursprünglichen Zustand: Eichenblätter, Rosen, Lilien, Passionsblumen verwandeln die Decken und Säulen in einen Blumengarten, in dem sich der gläubige Betrachter geborgen fühlen darf. Die Fenster aus den 60 Jahren waren im Gegensatz zu den ursprünglichen abstrakt. Bei den Fenstern unter der Orgel und über der Apsis missfielen vor allem die Farben. „Diese starken Kontraste, diese Bonbonfarben!“ Olaf Nöller schüttelt den Kopf. „Wie schlechte Duschvorhänge. Oder Kittelschürzen.“
Trotzdem wollte man nicht, dass die ursprünglichen Motive kopiert wurden. „Das ist auch nicht im Sinne der Denkmalpflege“, sagt Nöller. Es soll deutlich bleiben, welche Elemente original erhalten blieben und welche im Sinne des Gesamtkunstwerks ergänzt wurden. „Ein schwieriges Unterfangen“, wie Nöller sagt.
In Johannes Kuzio hat die Gemeinde den Künstler gefunden, der den Spagat schafft. Seine Entwürfe greifen die Geometrie der Ursprungsfenster auf, bleiben aber abstrakt. Die feinen Linien regen — ähnlich wie die Formen der Wolken am Himmel — die Phantasie an.
In den vier äußeren Apsisfenstern dominieren die Farben Grün und Blau, die der Hoffnung und des Glaubens. Beim mittleren, das ursprünglich die Szene zeigte, in der sich der Auferstandene Christus den Jünger in Emmaus zu erkennen gibt, wird die Farbe Rot dazu genommen. „Rot ist die Farbe der Liebe“, deutet Nöller.
150 000 Euro hat die Gemeinde für das Projekt bereits zusammen. Kosten wird es rund 200 000 Euro. „Das kann man erst jetzt exakt ermittelt“, sagt Nöller. Man brauchte das Gerüst auch, um überhaupt exakt Maß nehmen zu können und die Konstruktion der Schutzverglasung zu berechnen. Dann erst wird sich auch der entgültige Preis ergeben. Mittlerweile wurden die Glasarbeiten ausgeschrieben. „Wir haben uns an Unternehmen mit Referenzen gewandt“, so Nöller.