Hephata: Raus aus der Sonderwelt

150 Jahre: Mit einem großen Fest begehen Behinderte und Nichtbehinderte den Geburtstag der evangelischen Stiftung.

Mönchengladbach. Ein wenig unheimlich und befremdlich sehen die beiden grünen Waldwesen aus, die da über den Rheydter Marktplatz stelzen. An einem Seil ziehen sie einen Planwagen hinter sich her, auf dem ein drittes seltsames Wesen sitzt. Wenn die Kutsche hält, steigt das grüne Etwas mit dem Gnomengesicht aus und schleicht durch die faszinierte Menschenmenge.

Viele sind stehen geblieben und zücken ihre Kameras. Ein ganz kleines Kind bekommt Angst und läuft lieber weg. Einem mutigeren Kind schenkt das Waldwesen einen goldenen Stein: "Das ist ein Glücksstein, den musst du immer aufbewahren", sagt der Vater zu seinem Sohn.

Auftritte von Clowns, Artisten und einer Straßentheatergruppe aus Duisburg, Live-Musik und Shows auf der großen Aktionsbühne vor der Rheydter Hauptkirche und auf der Bühne vor der Sparkasse - so bunt und laut präsentiert sich die Hephata-Stiftung an ihrem 150. Geburtsstag: "Schließlich wollen wir doch auch auf unser Fest aufmerksam machen", sagt Sonja Zeigerer, Hephata-Öffentlichkeitsreferentin.

Um zu zeigen, "dass wir keine normale Anstalt, sondern eine Dienstleistungsfirma sind", ist die Mönchengladbacher Einrichtung für behinderte Menschen an diesem Samstag mit über 30 Ständen in der Rheydter Innenstadt vertreten.

Shops, Werkstätten, Schulen und Bildungsangebote von Hephata stellen sich mit unterschiedlichen Mitmachaktionen und Infoständen vor. Im Zelt der Karl-Barthold-Schule können die Festbesucher einen Holzparcours bewältigen, das Berufskolleg hat zum T-Shirt-Bemalen eingeladen, und der Hephata-Shop verkauft Secondhand-Waren.

Spezielle Besonderheiten aus ihrer Stadt haben die 16 regionalen Wohnprojekte von Hephata im Rheinland zur Geburtstagsfeier mitgebracht. Es gibt Brot aus Jüchen, Käse aus Monheim, und Mönchengladbach ist mit seinem Wagen vom diesjährigen Veilchendienstagszug vertreten.

Diese Aktionen sollen ein deutliches Zeichen dafür sein, dass behinderte Mensch "mitten in die Gesellschaft und ihr Wohnumfeld gehören", sagt Zeigerer. Das Fest sei eine schöne Gelegenheit, um auf die Belange behinderter Menschen aufmerksam zu machen, denn "sie haben oft eine schlechte Lobby", so Reinhard Kniest, der an einem Stand über die Initiative für Angehörige und Betreuer der Hephata-Stiftung (ABI-Hep) informiert.

Hephata hat diese Botschaft an ihrem Festtag an viele Menschen weitergeben können: Über 6000 Festbesucher sind zur Geburtstagsfeier gekommen. Die prominenten Gäste Rainer Bonhof oder Kabarettist Volker Pispers unterstützen das Fest mit einer Autogrammstunde, und auch der SPD-Parteichef Franz Müntefering macht eine Stippvisite in Rheydt. Die "Stimmung ist gut", und Hephata kann "seine Vielfalt präsentieren", zeigt sich Hephata-Pressesprecher Dieter Kalesse zufrieden.

Beeindruckt zeigt sich NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Hephata habe in den überaus turbulenten 150 Jahren den richtigen Weg von der "Sonderwelt in die Normalität" eingeschlagen.