Ina Menzer: Die boxende Respektsperson
Förderung: Die Weltmeisterin Ina Menzer veranstaltete am Wochenende wieder ihr Box Camp für Jugendliche.
Mönchengladbach. So richtig passt es nicht ins Konzept: Für das Ina Menzer Camp II in Mönchengladbach unterbricht die Box-Weltmeisterin ihr Training für den 31. Mai, an dem sie in Oberhausen ihren nächsten Kampf austrägt. "Aber in der Anfangsphase geht das noch", sagt sie.
Der Termin mit der RAA, der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien, stand seit ein paar Monaten fest und außerdem ist es ein persönliches Anliegen der Sportlerin.
Menzer will etwas für Jugendliche tun, die man viel zu oft sinnlos "rumhängen" sieht. "Ich möchte, dass sie aktiv werden", sagt die Deutsche, die in Kasachstan zur Welt kam. Und wenn nur einer der elf Jugendlichen, die diesmal dabei sind, an diesem Wochenende den dafür nötigen Impuls bekäme, "dann wäre ich schon zufrieden".
Nach einem Vormittag zum Kennenlernen im Wilhelm Kliewer Haus ging es mit den sechs Jungen und den fünf Mädchen, alle zwischen 14 und 16 Jahre alt, in die Turnhalle an der Gesamtschule in Hardt. "Drei von den Jungs wollten ohne Jacke los - obwohl es dafür zu kalt ist", berichtet Hans Boeker, Sozialarbeiter bei der RAA und Betreuer des Camps, "da hätte ich fünf Minuten mit denen diskutieren müssen." Ina Menzer dagegen habe nur einen Ton gesagt und sie hätten auf der Stelle die Jacken geholt.
Boeker freut sich über die natürliche Autorität, die die junge, zierliche Frau ausstrahlt. Der boxenden Respektsperson geht es um Werte: Disziplin, Mut, Achtsamkeit, Treue, Gerechtigkeit, Güte und Wahrhaftigkeit, die fürs Leben wichtig sind.
Weil sie sich die Arbeit mit den jungen Menschen allein nicht zugetraut hat, wird sie von einem Trainer unterstützt. "Ganz locker losgehen", gibt Waldemar Altergott das Kommando und die Schüler aus den Gemeinschaftshauptschulen Dohler Weg und Kirschhecke folgen. "Aufwärmübungen", erklärt Ina Menzer.
Altergott war Inas erster Trainer bei den Faustkämpfern Mönchengladbach, wo sie mit dem Boxen begann. Bücken, Ausfallschritte, Hüpfen stehen danach auf dem Programm und nach 15 Minuten haben einige der Mädchen hochrote Köpfe. Und auch bei den Jungen zeigen sich rote Flecken auf den Wangen.
Sechs Jugendliche stammen aus Familien, die aus der ehemaligen Sowjetunion zugewandert sind. Sie zu fördern ist Menzer besonders wichtig. "Ich weiß aus eigener Erfahrung, was sie durchmachen."
Altergott führt eine neue Übung vor: "Mit der linken ein Schritt nach vorne und die Rechte fliegt raus." Menzer beobachtet die Mädchen. "Nicht nach hinten fallen", gibt sie einen Hinweis. "Das Becken sollte schräger stehen", sagt sie, fasst hin und vermittelt das richtige Gefühl.
Nach einer Dreiviertelstunde wollen die Jugendlichen noch keine Pause. Die Schwestern Eva (16) und Sina (14) sind begeistert vom Camp mit Vorbild Ina Menzer. "Ich habe schon lange überlegt, ob ich boxen soll", sagt Eva. Jetzt sei sie sich sicher.
Ina Menzer berichtet davon, dass ein Vater aus Bremen bei ihr per E-Mail angefragt habe, ob sie in der Hansestadt nicht auch so etwas veranstalten könne. Hans Boeker wird kurz Angst und Bange: "Aber bei uns machen Sie doch weiter?"
Sie beruhigt ihn. Die Stadt, in der sie aufgewachsen ist, und die Jugendlichen dort, liegen ihr auch nach ihrem Umzug nach Hamburg am Herzen. "Aber vielleicht kann man die Sache ja noch ausweiten."