Investor Jessen will Kaufland durchboxen

Die Stadt und Holter Kaufleute lehnen das Bauprojekt auf dem Praktiker-Areal ab. Nun droht eine Klage des Investors.

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Mönchengladbach. Im Streit um ein neues SB-Warenhaus der Lebensmittel-Kette Kaufland auf dem verwaisten Praktiker-Areal in Holt verhärten sich die Fronten. Nachdem die Stadtspitze eine erste Bauanfrage des Investors Jessen der CDU-Brüder Bücker „wegen zahlreicher Bedenken“ abgelehnt hatte (die WZ berichtete), unternahm Jessen bei der Stadt nun einen weiteren Versuch, das Millionen-Projekt kurzfristig zu realisieren, wie in der Verwaltung zu hören ist. Hier richtet man sich zudem auf ein Klageverfahren „Bücker versus Stadt“ ein, wie ein Sprecher erklärte.

In Holt selbst formiert sich derweil Widerstand gegen das Projekt, wie nicht nur aus Schreiben an Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD) hervorgeht.

Das ist bislang passiert: Die Bücker-Brüder haben nach der Pleite der Baumarkt-Kette den Praktiker-Komplex im Bereich Aachener-, Monschauer Straße, Bahnstraße erworben. Ihr Ziel: Abriss des Gebäudes und rascher Neubau eines Warenhauses mit Artikeln fürs Alltägliche, sortiert auf mehr als 5000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche.

Für das Pleite-Areal existiert kein Bebauungsplan, somit kann es nach ihrer Ansicht flott und nach Paragraph 34 Bundesbaugesetz gehen. So müsste auch die Politik nicht grundlegend beteiligt werden.

Während Bude dem Projekt positiv gegenübersteht, wie er unter anderem in der SPD-Stadtratsfraktion erklärte, haben Stadtjurist Michael Schmitz (CDU) und Stadtplaner Andreas Wurff (parteilos) massive Bedenken — was zu heftigen Auseinandersetzungen innerhalb des Stadtverwaltungsvorstandes geführt haben soll. Dem ablehnenden Brief an Jessen habe Bude, der sich nicht öffentlich zum „Fall Kaufland“ äußert, nur widerwillig zugestimmt.

Kritik-Punkte der Vorstandskollegen Budes sind unter anderem: Ein solch großer Markt der Neckarsulmer sei nicht vereinbar mit gültigen Einzelhandels-Konzepten, er gefährde zudem umliegende Geschäfte. Hinzu kommen große verkehrliche Belastungen (Lkw-Anlieferung, hunderte Kunden-Autos täglich) in einem Bereich, der sowohl in Teilen Umweltzone ist und für viel Geld verkehrsberuhigt beziehungsweise neu gestaltet wurde. Gemeint ist die Aachener Straße. All das müsste in einem ordentlichen Bebauungsplan geregelt werden. Doch das kostet viel Zeit — die Jessen nicht ungenutzt verstreichen lassen will.

Einzelne Holter Kaufleute, aber auch die Gemeinschaft Handel und Handwerk „Holt-hats.de“ halten in Schreiben dem OB wenig Fingerspitzen-Gefühl vor. Kaufland an dieser Stelle zu installieren sei ein heftiger Rückschlag für das kleine Zentrum Holt, das nach der Neugestaltung (Aachener Straße) attraktiver geworden sei. Käme Kaufland mit seinem Shop-in-Shop-System, wäre die Existenz bestehender Läden gravierend gefährdet.

Roland Lehmann, Vorsitzender von „Holt hats“, schlägt vor, auf dem Praktiker-Grundstück eine altengerechte Wohnanlage zu errichten. Ein ansprechendes Umfeld mit Einkaufs- und Verweilmöglichkeiten gebe es bereits für diese ältere Zielgruppe.

Auch die Metro-Group und ihre SB-Warenhaus-Tochter Real haben sich gegenüber Bude ablehnend zu dem Vorhaben geäußert. Der Grund: Kaufland ist ein scharfer Konkurrent von Real.