Olympia ruft, Paul rechnet
Der 17-Jährige könnte bald bei der Mathe-Olympiade für Deutschland antreten. Mit neun Jahren gewann er seinen ersten Wettbewerb.
Mönchengladbach. Paul ist müde. Er hat nur vier Stunden geschlafen. Ausnahmsweise nicht, weil er noch an einer Mathegleichung getüftelt hat. „Wir sind 16 Kilometer gewandert“, sagt der 17-Jährige und reibt sich die Augen.
Die Wanderung hatte allerdings schon etwas mit Mathematik zu tun — wie fast alles in Pauls Leben. Sie fand im Rahmen des Auswahlwettbewerbs zur Internationalen Mathematik-Olympiade (IMO) statt.
Der Schüler des Franz-Meyers-Gymnasiums hat bereits bei der Bundesrunde Gold geholt. Jetzt will er die Qualifikation zur IMO schaffen, die vom 4. bis 16. Juli in Argentinien abgehalten wird.
Auf seine Chancen angesprochen, antwortet Paul knapp: „Es wird eng.“ 16 Mathe-Champions sind noch im Rennen, nur die besten sechs treten für Deutschland an. Paul ist derzeit auf dem sechsten Platz — zwei Prüfungsergebnisse stehen noch aus.
Eine Teilnahme wäre der Höhepunkt von Pauls Mathe-Karriere. In seinem Zimmer in Giesenkirchen liegen viele Urkunden und Medaillen. Mit neun Jahren nahm er an seinem ersten Wettbewerb teil — und gewann.
Bereits im Kindergarten waren Zahlen das Größte für ihn. „Damals hat er eine Konstruktionszeichnung von einem Bett angefertigt“, erinnert sich seine Mutter Claudia Pfeiffer. Aus Pappe und Papier baute der Dreijährige Wassermühlen. Konstruieren statt Ballspielen.
Die Mathe-Hausaufgaben fand er dagegen langweilig. „Das waren doch nur Schreibaufgaben“, das weiß Paul auch heute noch. Er wollte Herausforderungen, deshalb ließ ihn seine Mutter den Erdumfang berechnen. „Ich habe ihm als er in der dritten Klasse war immer Stoff aus der siebten gegeben“, sagt sie.
Doch irgendwann kam Claudia Pfeiffer mit dem Wissensdrang ihres Sohnes nicht mehr mit. Paul bekam einen Platz in der AG von Lehrer Heiner Platzbecker am Gymnasium Korschenbroich — eine Schmiede für junge Mathe-Talente.
Für andere Hobbys bleibt Paul kaum Zeit. Er spielt Klarinette im Jugendblasorchester, doch die meisten Auftritte verpasst er, weil sie sich mit Mathe-Wettbewerben überschneiden. „Das ist schade. Aber Mathe ist eben mein größtes Hobby“, sagt Paul und lächelt ein bisschen.
Warum sich der 17-Jährige derart für Mathe begeistert? „Mir macht es Spaß, die Lösung zu finden.“ Findet er sie einmal nicht, wird Paul wütend. Er rechnet dann so lange, bis er sie hat.
Auch im Moment schwebt eine Aufgabe in seinem Kopf: Eine russische Funktionalgleichnung macht ihm zu schaffen. Sie ist Teil der Übungen, die Paul für die letzten IMO-Quali-Klausuren lernt.
Sämtliche Lösungen stehen sogar im Internet. „Da schaue ich aber erst gar nicht nach.“ Paul will es selbst schaffen.