Prozess: Vom Vater missbraucht?
Ein 51-Jähriger soll sich über Jahre an seinen Töchtern vergangen haben. Außerdem wurden auf seinem Computer Kinderpornos gefunden. Der Verdächtige streitet aber alles ab.
Mönchengladbach. Richter Lothar Beckers hatte nach einer Stunde genug gehört. Er hatte dem Angeklagten Hans-Gerhard P. beim Prozessauftakt im Landgericht noch einmal die Chance gegeben, seinen Töchtern den Auftritt vor Gericht zu ersparen. Doch P., der bereits 20-fach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, bestand darauf, nichts getan zu haben.
Dem 51-Jährigen wird vorgeworfen, seine beiden heute 12 und 16 Jahre alten Töchter über Jahre hinweg misshandelt und sexuell missbraucht zu haben. Seit 1997, da war das ältere Opfer gerade 7 oder 8 Jahre alt, soll der Verdächtige elf Mal den Beischlaf mit dem Kind erzwungen haben. Auch zum Oralverkehr habe er seine Tochter genötigt, so die Anklage.
Ab 2004 soll P. sich noch vier Mal an der jüngeren Tochter vergangen haben. Diese 15 Vergehen konnte die Staatsanwaltschaft anhand der Zeugenaussagen der beiden Mädchen rekonstruieren. Die Dunkelziffer der Übergriffe läge, so die Staatsanwaltschaft, aber noch viel höher. In zwei Fällen soll P. seine Kinder mit Schlägen, Tritten und einer Kopfnuss auch schwer körperlich misshandelt haben.
Die ältere der Beiden habe der arbeitslose Fernfahrer sogar auf zwei mehrtägige England-Touren mitgenommen und im Führerhaus seines Lastwagens mehrfach missbraucht. Ansonsten hätten alle Übergriffe in den Familien-Wohnungen in Jüchen und später in Mönchengladbach stattgefunden.
Doch auch wenn die Beweislast anhand der Aussagen der Töchter erdrückend ist, und sowohl ein medizinisches und ein psychologisches Gutachten die Glaubwürdigkeit der beiden bestätigten: P. sieht sich selbst als Opfer einer Familien-Verschwörung. Der ehemalige LKW-Fahrer, den die Polizei im April in einer völlig vermüllten Mönchengladbacher Wohnung festgenommen hatte, sei der einzige in der Familie gewesen, der ab und zu aufgeräumt habe.
Irgendwann sei er dann aber ausgerastet und habe den Kindern gedroht, sie ins Heim zu geben. Das sei die Motivation für die beiden gewesen, ihn wegen Kindesmissbrauchs anzuzeigen. Seine Töchter würden ihn loswerden wollen. Eigentlich habe er bis zu diesem Moment immer ein gutes Verhältnis zu seinen Kindern gehabt. Aber jede gute Beziehung könne mit den Jahren abflauen.
Auch auf den Vorwurf, P. habe Kinderpornographie im Internet konsumiert oder gar betrieben, hatte der mutmaßliche Kinderschänder eine Antwort: Er habe aus Frust und Langeweile drei Spiel-Internetseiten betrieben, um Kinder davon abzuhalten, auf der Straße herum zu hängen.
Die Kinderpornos, die die Ermittler in einem Zwischenspeicher auf seinem Rechner fanden, seien lediglich Inhalte von Links aus den Gästebüchern seiner Seiten, die er nur zu löschen vergessen habe.
Warum dort so viele Links mit kinderpornographischen Inhalten hinterlassen worden seien, wisse er nicht. Es gäbe schließlich viele schlechte Menschen im Internet.
Trotz der mehrfachen Aufforderung und des Hinweises auf Strafmilderung wollte P. sich aber nicht zum Vorwurf des sexuellen Missbrauch äußern. Wenn er dazu etwas sagen solle, müsse er lügen. Er habe nichts gemacht.
So musste das älteste Opfer gestern Mittag vor Gericht erscheinen. Die 16-Jährige bestätigte die Anklagevorwürfe. Beim nächsten Verhandlungstag wird dann die 12-Jährige per Video-Konferenz aussagen müssen.