Schule kauft Flugzeug zum Üben

Spanischer Jet steht 200 jungen Menschen zur Verfügung. Azubis aus ganz NRW besuchen die Gladbacher Luftfahrzeugtechnik.

Mönchengladbach. Der zweistrahlige Business-Jet vom Typ Cessna steht auf dem Gladbacher Flughafen im Abseits. Und das nicht erst seit gestern. Der spanische Eigentümer will den 30 Jahren alten Flieger nicht mehr bei der in Schiefbahn ansässigen Elite-Jet GmbH warten lassen. Das sei zu teuer und lohne auch nicht wegen gesunkener Passagierzahlen.

Jetzt steht der alten Cessna ein überraschender Höhenflug bevor. Sie soll in einer Halle des Berufskollegs für Technik und Medien hinter dem Gladbacher Hauptbahnhof mehr als 200 jungen Leuten für Übungs- und Lernzwecke zur Verfügung gestellt werden. Allerdings nur aus der Boden-Perspektive.

Eingefädelt hat den Deal Ulrich Böckmann. Der Mann ist 54, hat beste Kontakte zur Luftfahrt und ist stellvertretender Leiter des Kollegs, das die flugfähige Cessna aus Spanien für 155.000 Euro kauft. Böckmann: "In unserer Halle haben wir Platz, weil nicht mehr benötigte Textilmaschinen an Museen abgegeben werden."

In den nächsten Tagen - dann sind auch die Tragflächen für den Transport abmontiert - soll der Jet in die Kolleg-Halle rollen und das Angebot "Technik in der Praxis" abrunden. Die ist nämlich wegen geänderter Ausbildungsrichtlinien seitens der EU und des Luftfahrbundesamtes vermehrt vorgeschrieben.

Diese neue internationale Norm sieht bei der Ausbildung der angehenden Luftfahrttechniker neben der Theorie deutlich mehr Praxis vor - die die ehemalige Geschäftsflieger-Maschine möglich mache.

Was viele nicht wissen: Das Kolleg bzw. die 1986 kreierte Fachrichtung Luftfahrzeugtechnik ist gefragter denn je. Die rund 200 jungen Menschen in den drei Ausbildungsjahren, die sich in Gladbach zum Fluggerätemechaniker und Elektroniker für luftfahrtechnische Systeme ausbilden lassen, kommen aus ganz NRW.

Dieses Angebot gibt es außer in Gladbach nur noch in Hamburg, sagt Kolleg-Leiterin Birgit Battenstein. Und: "In die Ausbildung ist seit 1999 eine Zusatzausbildung integriert, die europaweit gilt und ansonsten nur von privaten Ausbildern für rund 10.000 Euro angeboten wird."

Finanziell ermöglicht wird das Projekt Spanien-Flugzeug durch ein Förderkonzept des Landes "zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Die Stadt erhielt aus diesem Topf für ihre fünf Berufskollegs mehr als 2,4 Millionen Euro.

Die Halle wird wie die Werkstatt eines Wartungsbetriebs für Flugzeuge aussehen. Die in Teams arbeitenden Studierenden werden beispielsweise einen eingebauten Fehler ausfindig machen (und beheben) müssen, erläutert Böckmann.

Er ist mächtig stolz, dass der Flugzeug-Kauf geklappt hat. "Ohne die Erweiterung des praktischen Teils hätten wir langfristig den Ausbildungszweig nicht mehr anbieten können", sagt der Pädagoge mit den Luftfahrt-Ambitionen. "Wir hätten nämlich der EU-Norm nicht mehr entsprochen."

Ist die Cessna erst einmal in der Halle der großen Berufsschule gelandet, soll es ein kleines Fest geben.