Streit um Abwasserkanal: Gladbacher fordert 30 000 Euro von Stadt

Per Zufall kam heraus: Ein Entwässerungskanal auf dem Grundstück von Dieter Männchen war seit 2002 nicht mehr ans städtische Kanalnetz angeschlossen. Bezahlt hat der 76-Jährige trotzdem. Nun fordert er das Geld zurück. Doch die Stadt lehnt das ab: Die Ansprüche seien verjährt.

Foto: Marlen Kess

Eigentlich wollte Dieter Männchen im März nur eine neue Briefkastenanlage an der Außenmauer auf seinem Grundstück an der Mittelstraße in Rheydt anbringen. Doch dafür mussten Pflanzen und Steine aus dem Boden gerissen werden, so dass der darunter liegende steinerne Entwässerungskanal für Regenwasser frei lag. „Am nächsten Tag hat es stark geregnet, der Kanal lief voll, und das Wasser floss nicht ab“, sagt Männchen. Da habe er gewusst: Hier stimmt etwas nicht.

Am folgenden Tag sei zwar das Wasser weg gewesen. Wie Männchen anhand feuchter Steine feststellte, war es aber versickert. Daraufhin rief er die NEW an, die im April das Kanalnetz rund um Männchens Grundstück untersuchte. Danach stand fest: Der Entwässerungskanal — einer von zwei auf dem mehr als 4000 Quadratmeter großen Grundstück — ist nicht an das städtische Netz angeschlossen. Und das schon seit 2002. Damals wurde das Wielands-Gebäude auf dem Nachbargrundstück abgerissen und der Kanal unter der Mittelstraße saniert. Und dabei wurde offenbar vergessen, den Kanal wieder anzuschließen. Die Stadt bestätigt diesen Vorgang.

Bemerkenswert: In all den Jahren hat es laut Männchen nie Probleme bei der Entwässerung gegeben. Dabei stehen auf dem Grundstück Büros, Praxen und Wohnungen. Insgesamt wird über die beiden Kanäle eine Fläche von 3000 Quadratmetern entwässert. „Dass es hier nie zu Überschwemmungen kam, liegt am Versickerungssystem“, sagt Männchen. Dieses sei um 1850 errichtet worden und funktioniere bis heute hervorragend. So weit, so gut also?

Mitnichten. Denn Dieter Männchen zahlt pro Jahr knapp 6900 Euro für die Entwässerung — über zwei Kanäle, nicht einen. Deshalb fordert er die zu viel gezahlten Gebühren für die Jahre 2002 bis 2017 von der Stadt zurück. „Schließlich wurde jahrelang eine Leistung abgerechnet, die gar nicht erbracht wurde“, sagt Männchen. Er hat deshalb Widerspruch gegen alle Entwässerungsbescheide seit 2002 eingelegt. Mehr als 30 000 Euro, so seine Berechnung, hat er zu viel gezahlt.

Für das Abrechnungsjahr 2016/17 (von Juni 2016 bis Juni 2017) wurde dieser Widerspruch auch akzeptiert, Männchen bekam mehr als 3000 Euro zurückgezahlt. Für die Jahre 2002 bis 2016 dagegen lehnte die Stadt seinen Widerspruch ab. Im Begründungsschreiben heißt es dazu: „[Es] ist vorliegend festzustellen, dass Sie es in den vergangenen Jahren versäumt haben, eine Prüfung der angesetzten Regenwasserfläche zu beantragen.“ Außerdem hätte Männchen nachweisen müssen, dass die tatsächlich entwässerte Fläche kleiner ist, als die in Rechnung gestellte. Insoweit seien die Gebührenbescheide bestandskräftig, bestätigt Stadtsprecher Dirk Rütten.

Die Frist, gegen die Festsetzung der Gebühren Widerspruch einzulegen, sei zudem für die Jahre 2002 bis 2012 verjährt. Für 2013 bis 2016 sei das zwar nicht der Fall, hier liege die Entscheidung über die teilweise Rücknahme der Gebührenbescheide aber bei der betreffenden Behörde, also dem Fachbereich für Steuern und Grundbesitzabgaben — und der lehnt das ab, „wie in allen vergleichbaren Fällen auch“, so Rütten.

Dieter Männchen ist sauer: „Wie soll ich denn gegen etwas Widerspruch einlegen, von dem ich gar nichts weiß?“ Schließlich habe er erst im März durch Zufall entdeckt, dass der Kanal nicht angeschlossen war. Verantwortlich für diesen Missstand ist laut Männchens Auffassung aber die Stadt bzw. die ausführende NEW. „Der Auftraggeber hätte 2002 kontrollieren müssen, ob die Arbeiten ordnungsgemäß abgeschlossen wurden“, sagt Männchen.

Gegen die Ablehnung seines Widerspruchs hat er nun abermals Einspruch eingelegt — und außerdem angekündigt, einen Anwalt zurate zu ziehen. Rütten zufolge werden Stadt und NEW die Angelegenheit jetzt noch einmal prüfen.