Unternehmen klagen über viel zu langsames Internet
Im Gewerbegebiet an der Erftstraße leiden die Firmen unter den schlecht ausgebauten Datenleitungen. Und Besserung ist nicht in Sicht.
„Internet? Welches Internet?“, fragt Axel Wüster leicht überspitzt. Denn das, was bei ihm in der Firma Inaqua an der Erftstraße, einem Fachfirmen-Lieferanten der Wasseraufbereitungsindustrie, als Internetverbindung ankommt, gleicht eher der Datenrate eines veralteten Modems statt einer modernen DSL-Leitung. „Das ist wie in den 90er Jahren“, beschwert er sich. „Dabei brauchen wir schnelles Internet wie der Priester Weihwasser. Aber Telekom und Co. haben offenbar kein Interesse an uns.“
Wüsters Geschäft leidet unter den widrigen Bedingungen. 20 Prozent seiner Aufträge sind für Nicht-EU-Länder bestimmt. Das bedeutet viel Bürokratie mit dem Zoll; alles per Internet. Das Problem: 25 bis 30 Formulare müssen je Auftrag auf der Seite des Zolls heruntergeladen, darin alle technischen Daten akribisch genau eingetippt und abgeschickt werden. Das Zeitfenster für die Aktion beträgt aber nur 30 Minuten. Ist Wüster zu langsam, muss er von vorne anfangen. Stürzt die Seite wegen des langsamen Internets ab, ebenfalls. „Da krieg’ ich ’nen dicken Hals!“, sagt Wüster. So geht das oft, Abend für Abend. Am Tage sei es gar nicht möglich, weil an der Erftstraße im Giesenkirchener Gewerbegebiet viele Firmen und Mitarbeiter vom gleichen Verteilerkasten Internet bezögen. „Von unserer 6 Mbit/s-Leitung kommen ohnehin bloß 2 Mbit/s an“, sagt Wüster. Zum Hintergrund: Etwa jeder zweite Privathaushalt in Gladbach kann von unterschiedlichen Anbietern mit 100 Mbit/s und mehr versorgt werden.
Inaqua ist also nicht die einzige Firma, die dort eine mangelhafte Internetverbindung zu bemängeln hat. Dort sitzen mittelständische Unternehmen wie der Modell- und Formenbauer Breuers, die Schreinerei Leydorf, die Isoliertechnik Onkelbach und andere. Der Vermieter der Gewerbefläche an der Erftstraße 25, Frank Sonn, berichtet von untragbaren Zuständen. „Schicken sie eine Mail weg, ist das System gelähmt — für 15 Minuten“, sagt er. Manche Firmeninhaber versendeten deswegen über Nacht wichtige Mails, in der Hoffnung, dass sie morgens beim Kunden angekommen sind. Andere nähmen die Daten mit dem USB-Stick nach Hause, um sie von dort zu verschicken, sagt Sonn. Er habe bereits versucht, für Besserung zu sorgen, indem er Stadt und unterschiedliche Internetanbieter fragte, ob nicht eine schnellere Leitung gelegt werden könne.
Doch es hagelte Absagen: Einzig Unitymedia stellte eine Grobkostenkalkulation auf. „Aber das kann keiner bezahlen“, sagt Sonn und winkt ab. Fast 130 000 Euro soll er zahlen, um die Erftstraße mit dem Kabelnetz und somit auch mit einer Internetverbindung mit bis zu 200 Mbit/s verbinden zu lassen. Die Anfrage dort war der bislang letzte Versuch, seinen Mietern eine schnellere Internetleitung legen zu lassen. „Die Stadt fühlt sich nicht zuständig, und die Telekom hat trotz bereits verlegter Leerrohre kein weiteres Interesse, eine Leitung zu legen“, sagt er.
Wer nun denkt, unter diesen Problemen litten nur kleine Firmen, der irrt. Valensina ist als großer Getränkehersteller an der Erftstraße ansässig: Nach Firmenangaben kommen dort etwa 10 Mbit/s an. Für den normalen E-Mail-Verkehr im Haus reiche es aus, heißt es. Anders sehe es beim Fotoentwicklungsunternehmen Cewe Color aus, erklärt Hilmar Wilcke aus dessen IT-Bereich. Für das Kerngeschäft, den Up- und Download von Fotos, die Kunden einschicken, damit daraus Fotobücher entwickelt werden, gebe es eine Gigabyte-Leitung. Das sei optimal. Allerdings laufe der Kundendienst über die zweite, die so genannte Backup-Leitung (16 Mbit/s) — zu langsam. „Darunter leidet der Kundendienst massiv“, betont Wilcke. Die Idee, dass Firmen sich zusammenzuschließen, um gemeinsam für eine neue Leitung aufzukommen, habe es bereits gegeben. Die Resonanz sei aber klein geblieben. „Wir wären aber für Gespräche offen“, sagt Beymann weiter. Jede Besserung würde begrüßt werden. „Aber ich gebe die Hoffnung allmählich auf“, sagt Frank Sonn. Denn es kommt noch dicker: Ab dem Jahr 2016 soll die Fahrbahndecke der Erftstraße für etwa eine Million Euro von der Stadt saniert werden. Gleichzeitig kommen aber auch enorme Kosten auf die ansässigen Firmen zu. 50 Prozent sollen sie nach Angaben der Stadt übernehmen. Kosten von bis zu 60 000 Euro und mehr kommen auf die Firmen zu. Aber kommt gleichzeitig auch eine vernünftige Internetleitung für die Anlieger? „Nein“, sagt Frank Sonn.