Keine höhere Tarifunterstützung 2025 Theater beklagt fehlende Unterstützung

Neuss · Das NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft hat angekündigt, sich für 2025 an Tarifsteigerungen im Theaterbetrieb nicht zu beteiligen. Das stellt das Rheinische Landestheater vor Finanzierungsfragen und Planungsunsicherheiten.

Seit 1981 wird das Rheinische Landestheater nach seiner Fusion mit dem Theater am Niederrhein durch den Trägerverein rechtlich vertreten.

Foto: Melanie Zanin (MZ)

Es war eine Nachricht, die für Aufruhr in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses in Neuss sorgte: Denn beim Blick auf die Finanzierung für das kommende Jahr steht das Rheinische Landestheater (RLT) vor vielen Fragezeichen. „Im schlimmsten Fall“, so führt David Michalski, Verwaltungsdirektor des RLT aus, „gefährden wir die Liquidität des Vereins und werden zahlungsunfähig. Das wäre aktuell für 2025 ein sehr realistisches Szenario“.

Denn die Finanzierung des Betriebs ist derzeit nicht gesichert. Vor rund zwei Monaten hat das Land Nordrhein-Westfalen angekündigt, sich an einer eventuellen Erhöhung der Tarife für das Personal nicht zu beteiligen. Was das konkret bedeutet, erklärt David Michalski so: „Theater sind Manufakturbetriebe. Wir haben einen unfassbar hohen Personalkostenanteil, das heißt, drei Viertel unserer Kosten sind Personalkosten. Wir sind dabei an die Tarife des öffentlichen Dienstes und der NV Bühne gebunden.“ Zuletzt habe es große Tariferhöhungen im zweistelligen Bereich gegeben: „Die Mittel haben wir bisher immer bekommen“, sagt Michalski, „in den letzten Jahren waren es harte Kämpfe, weil es verglichen mit den Vorjahren sehr hohe Tariferhöhungen waren.“

Mögliche Mehrmittel werden nicht vom Land bereitgestellt

Nun laufe der Tarifvertrag im Dezember aus, für das nächste Jahr stehe wieder eine Tariferhöhung an. „Es können 5, 6 oder 7 Prozent sein, wir wissen es noch nicht genau“, sagt Michalski, „wegen der Personalkosten von 75 Prozent ist das bei uns immer eine wahnsinnig hohe Zahl, die da im Raum steht.“ Ein Beispiel: Würde sich der Tarif um 6 Prozent erhöhen, wäre dies eine Summe von 375 000 Euro, die es aufzubringen gilt. Entscheiden würde sich das voraussichtlich alles im ersten Quartal 2025. Das Land hat nun angekündigt, diese möglichen Mehrmittel nicht bereitzustellen. „Aufgrund der angespannten Haushaltslage des Landes Nordrhein-Westfalen werden etwaige Tariferhöhungen nicht berücksichtigt werden“, heißt es auf Anfrage vom Landesministerium für Kultur und Wissenschaft.

„Die Tarife sind für uns keine freiwillige Leistung“, betont Michalski, „wir sind Mitglied im Bühnenverein und dies ist alles vertraglich festgehalten. Was uns beschäftigt ist, dass sich das Land hier nicht seiner gesamten Verantwortung stellt und nicht proaktiv auf uns zugeht und mit uns erörtert, wie wir damit umgehen können.“ Die Sache verkompliziere sich in Hinblick auf die Finanzen dadurch, dass das Theater von Stadt und Land getragen wird: „Wir stehen zwischen den Stühlen, wären wir ein rein städtischer Betrieb oder eine Landesinstitution, würden wir die Erhöhung automatisch bekommen“, meint Michalski.

Für das Theater steht nun die große Frage im Raum, wie die Stadt auf die Aussage des Landes reagiert,. Denn die Stadt orientiert sich – auch damit kein Ungleichgewicht entsteht – in der Bereitstellung der Mittel am Land. In den vergangenen Jahren sei es stets eine hälftige Aufteilung der benötigten Mehrmittel gewesen, sagt Michalski.

Bisher so betont er, hat sich die Stadt immer sehr fair verhalten. „Die Intendantin Marie Johannsen und ich erfahren einen großen Rückhalt aus der Stadt“, sagt er. Das hätten die Reaktionen aus dem Kulturausschuss bewiesen. Nachdem sie dort die finanzielle Lage erklärt hatten, wurde zunächst beschlossen, einen Appell an das Land zu richten, die Landestheater finanziell so zu versorgen, dass sie ihren Betrieb aufrechterhalten können und den Auftrag an die Verwaltung, dass mögliche Lösungswege für das Jahr 2025 für die Planung im Finanzausschuss aufgezeigt werden.

Denn kommende Tariferhöhungen sind nicht das einzige Fragezeichen: Das Ministerium weist auf Anfrage darauf hin, dass das Land die Tarifkostensteigerungen der vergangenen beiden Jahre anteilig aufgefangen und die institutionelle Förderung entsprechend dauerhaft erhöht hat. Laut Michalski hat das Land nur einen Teil der benötigten Mittel zur letzten Tariferhöhung als verstetigte Mittel zur Verfügung gestellt – der „restliche aktuell zur Debatte stehende Teil“ sei als Einmalzahlung angesetzt worden. Diese Einmalzahlung erklärt das Land durch „unabwendbare Mehrkosten“ durch die neue Intendanz und Umgestaltung des Hauses.

Es seien nach Michalski dann 129 000 Euro, die dem Theater im nächsten Jahr zusätzlich zu dem Betrag einer potenziellen Tariferhöhung fehlen. Dass sie selbst nicht mehr einsparen können, machten Johannsen und Michalski deutlich: Sie würden Stellen nicht mehr nachbesetzen – aktuell sei eine im Ensemble, eine in der Technik und eine in der Vermittlungsarbeit offen. „Noch mehr können wir nicht sparen, wenn wir einen seriösen Betrieb beibehalten wollen“, sagte Johannsen im Kulturausschuss. Außerdem würde das Theater die durch die Inflation gestiegenen Material- und Benzinkosten ebenso selber tragen wie Investitionen für angeforderte Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

Das unterstreicht auch die Sprecherin des Theaters Nicole Tharau: „Man muss sehen, dass Einsparungen nur vermeintliche Einsparungen sind. Wenn wir weniger Premieren anbieten und weniger Gastpiele machen, geht es auch auf unsere Einnahmenseite.“ Eine Produktion für 2026 sei abgesagt worden. Es seien aber nicht nur Finanzierungsfragen, die sich aktuell stellen. Dem Theater, das viele Verträge weit im Voraus abschließen muss, fehle es aktuell an Planungssicherheit.„Wir haben einen Bildungsauftrag“, sagt Michalski. Jener Auftrag würde auch eine starke Erhöhung der Ticketpreise nicht zulassen.