Ratingen Bauern bereiten sich auf Demos vor

Ratingen · Mitte Dezember kündigte die Ampel-Koalition an, unter anderem die Vergünstigung von Agrardiesel zu streichen. Landwirte aus der gesamten Bundesrepublik gingen daraufhin auf die Straße. Der Protest geht weiter.

Bereits im Dezember protestierten Landwirte gegen die geplante Streichung von Steuervergünstigungen.

Foto: dpa/Thomas Frey

In der Haushaltskasse der Bundesregierung klafft ein Riesenloch. Tagelang sann die Ampelkoalition auf Lösungen, wie dieses zu stopfen sein könnte. Mitte Dezember veröffentlichte sie schließlich ihre Pläne. Darunter auch zwei Sparvorschläge, die die Landwirte belasten. Die wollen sich das nicht gefallen lassen.

Konnten die Landwirte sich bislang einen Teil der Steuern, die auf Dieselkraftstoff fällig werden, zurückholen, so soll das künftig entfallen. Zusätzlich soll künftig eine Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge fällig werden. Beide Maßnahmen werden sich finanziell deutlich bemerkbar machen. Bernd Kneer, Sprecher der Landwirte im Kreis, rechnet ein Beispiel vor: „Ein Betrieb, der derzeit mit rund 7000 Euro Diesel im Jahr kalkuliert, muss nach Wegfall der Steuervergünstigungen noch einmal rund 6800 Euro draufrechnen.“

Auf die Frage, ob die geplanten Maßnahmen Betriebe in Existenznot bringen, antwortet er mit einem klaren „ja“. Denn die jetzt angekündigten Verordnungen seien nur die Spitze des Eisbergs. Bereits in den vergangenen Jahren mussten sich Landwirte immer wieder mit neuen Regularien auseinandersetzen.

2023 verfügte die Europäische Union, dass vier Prozent der landwirtschaftlichen Fläche nicht mehr bearbeitet werden dürfen. Diese sollen vielmehr dem Schutz der Artenvielfalt dienen. Viele Bauern haben die Flächen zwar in Blühstreifen verwandelt, ärgern sich aber dennoch, denn „die Pacht muss weiterhin bezahlt werden“, so Kneer. Gleichzeitig wurden die Subventionen für landwirtschaftliche Betriebe deutlich zurückgefahren, während die Produktionskosten, nicht zuletzt durch die gestiegenen Energiekosten, weiter nach oben schnellen. Damit nicht genug, sehen sich die Bauern einem enormen Preisverfall bei Getreide gegenüber.

Die beiden letzten Vorschläge der Bundesregierung seien jetzt schlicht der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brächte, sagt Kneer. „Das Maß ist voll. Die Stimmung unter den Kollegen schlecht.“ Deshalb wollen die Landwirte mit Protestaktionen ihrer Forderung Nachdruck verleihen, die Vorschläge wieder zu kassieren. Es geht um mehr als um die Existenz der Höfe, so Kneer. „Es geht auch um die Lebensmittelsicherheit.“

„Unterschiedliche Kosten bei Mindestlohn, Energiepreisen oder Steuersätzen bieten den Bauern in anderen Ländern die Möglichkeit, die Erzeugnisse viel günstiger anzubieten“, sagt der Präsident des Bauernverbandes Joachim Rukwied. Kneer erklärt: „Wir können im europäischen Vergleich nicht mehr konkurrenzfähig produzieren.“ Steigende Lebensmittelpreise seien die Folge. Das wiederum führe dazu, dass mehr importiert werden muss. Bei allen politischen Unwägbarkeiten, die sich gegenwärtig auf dem globalen Parkett beobachten lassen, eine Gefahr. Um zu gewährleisten, dass die heimische Landwirtschaft eine Selbstversorgung des Landes sicherstellen kann, müssten die Bauern gestärkt werden.

Und es gibt offenbar Hoffnung. „Die Politik zeigt sich gesprächsbereit“, so Martin Dahlmann, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Mettmann. Er hat bereits Kontakt zu den politischen Vertretern des Kreises bei Land und Bund aufgenommen, muss sich aber noch in Geduld üben. „Ab 15. Januar ist die erste Sitzungswoche des Jahres in Berlin. Ich gehe davon aus, dass sich etwas bewegt“, so Dahlmann.

Protestaktionen wird es dennoch geben. Sie beginnen am 8. Januar und sollen mit einer Großdemo am 15. Januar in Berlin enden. Vorerst. Entgegen zahlreicher Publikationen in sozialen Medien, die skandieren, das ganze Land solle lahmgelegt werden, unterstreicht Dahlmann: „Wir demonstrieren auf sachlicher und fachlicher Ebene, um mit der Politik ins Gespräch zu kommen. Wir wollen keinesfalls die Bevölkerung unnötig behindern.“ Dahlmann distanziert sich ausdrücklich von Bestrebungen rechtsextremer Gruppen, die sich die Proteste für ihre Zwecke zunutze machen wollen. „Wir agieren ausschließlich auf dem Boden der Demokratie.“