Weitere Proteste geplant Dormagener Apotheker kritisieren Gesundheitspolitik

Dormagen · Zu geringe Honorare, Personalmangel und Lieferengpässe bei vielen Medikamenten – dagegen wollen Apotheker mit Ärzten gemeinsam am 15. November protestieren. Auch Dormagener sind dabei.

Jessica Weber von der Martinus-Apotheke hat täglich mit Lieferengpässen von Medikamenten zu kämpfen.

Foto: TORBEN HOHGRAEVE

Schon im Juni haben Apotheker gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung demonstriert, nun sollen die Proteste weiter ausgeweitet werden. Am 15. November wollen Apotheker und Ärzte gemeinsam protestieren und erneut auf zu niedrige Honorare, Personalmangel und eklatante Lieferengpässe bei Medikamenten hinweisen. Auch Jessica Weber, Inhaberin der Martinus-Apotheke in Zons, wird wieder mit Kolleginnen und Kollegen aus Dormagen an diesem Protest teilnehmen und ihre Apotheke für einen Tag schließen. „Ich finde es sehr gut, dass diesmal Apotheker und Ärzte gemeinsam protestieren, um den Druck zu erhöhen“, sagt sie.

Benjamin Leuffen, Inhaber der Mühlenbusch-Apotheke.

Foto: Wolfgang Walter

Wie ernst die Situation sei, zeige ein Blick in die Zahlen. „In Deutschland gibt es noch circa 18 000 Apotheken“, erklärt sie. „Der Verband geht davon aus, dass deutschlandweit in diesem Jahr insgesamt 600 Apotheken schließen.“ Jede zehnte Apotheke stehe auf der Kippe, weil sie defizitär arbeite. Über viele Jahre haben die Apotheker keine Honorarerhöhung erhalten, zuletzt wurde es sogar reduziert. Über die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geäußerten Pläne, den Apotheken eine größere Rolle bei Vorsorgeuntersuchungen zu geben, wie Blutdruck messen oder den Cholesterinspiegel untersuchen, herrscht Unmut. „Das löst unsere Probleme auf keinen Fall“, sagt Weber. „Dass Apotheken solche Vorsorgeuntersuchungen übernehmen, ist in meinen Augen grundsätzlich sinnvoll, weil das einen Beitrag zur Prävention bedeutet“, sagt Benjamin Leuffen, Inhaber der Mühlenbusch-Apotheke in Nievenheim. „Aber wir wollen und können unser Kerngeschäft nicht vernachlässigen und für die Apotheken ist es wichtig, dass das Kerngeschäft besser honoriert wird“, betont er. Mit dem überall vorherrschenden Personalmangel noch mehr Aufgaben zu übernehmen, sei schwer möglich. „Es ist nicht so, dass wir zu wenig Arbeit haben.“ Auch er sieht es so: „Das ist eine Nebelkerze und lenkt von der Situation ab.“ Auch die Idee, sogenannte „Schein-Apotheken“, also Filialen ohne Apotheker, zu errichten, halten die Pharmazeuten für nicht tragbar. „Eine Apotheke ohne Notdienst, ohne ein Labor, um Arzneien herzustellen, ohne jemanden, der die volle Verantwortung tragen kann, kann nicht funktionieren“, so Jessica Weber.

Beim Protesttag im Juni in Düsseldorf waren viele Dormagener Apotheker vor Ort. Foto: Weber

Foto: Jessica Weber

Bei dem Protest am 15. November drängen die Apotheker darauf, dass Kernproblem Honorare anzupacken. „Lauterbach wirft da gerne uns den Ball zu, aber das ist nicht unsere Aufgabe. Es ist Aufgabe der Politik sicherzustellen, dass alle Menschen in Deutschland gleichermaßen mit Medikamenten versorgt werden können“, stellt Jessica Weber klar. Wie schwierig das sei, zeigen die Lieferschwierigkeiten vieler Medikamente. „Etwa 500 bis 600 Arzneimittel sind aktuell nicht lieferbar“, erklärt Benjamin Leuffen. Die Engpässe beträfen vor allem Insulin für Diabetes-Patienten oder Antibiotika-Säfte für Kinder. Grund zur Panik bestehe aber trotzdem nicht, beruhigt die Apothekerin: „Wir geben unser Bestes, um alle Patienten und Kunden bestmöglich zu versorgen.“