Bürgermonitor in Grevenbroich Leiter des Rettungsdienstes will Vorwürfe prüfen lassen

Grevenbroich. · Der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes, Marc Zellerhoff, sagt Aufklärung zu. Die Einsatzkräfte auf den Rettungswagen werden permanent geschult. Sie fahren rund 80.000 Einsätze pro Jahr – Tendenz steigend.

Mehr als 80 000 Einsätze werden im Rhein-Kreis pro Jahr gefahren.

Foto: dpa/Nicolas Armer

Eine vollständige Aufklärung der Anschuldigungen gegen die Besatzungen von Rettungswagen hat der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes im Rhein-Kreis, Marc Zellerhof, zugesagt. Man nehme jede Beschwerde sehr ernst, sagte Zellerhoff. Um einen Vorfall im Nachhinein beurteilen zu können, brauche man natürlich auch die Schilderungen der Sanitäter. Falls sich ein Verbesserungsbedarf ergebe, werde dieser den Rettern in ihren Schulungen vermittelt und so in der Praxis umgesetzt.

Konkret geht es um eine Familie aus Kapellen. Die Besatzung eines Rettungswagens hatte einen 69-Jährigen gefragt, ob er seine erkrankte Frau selbst ins Lukaskrankenhaus nach Neuss bringen könne. Der Mann fuhr selbst. Im Krankenhaus starb seine Frau.

Ein zweiter Fall: Ein Wevelinghovener hatte die 112 gewählt, weil er starke Schmerzen im Unterbauch hatte. Auch in diesem Fall rieten die Retter zur Fahrt mit dem eigenen Auto. Das Ehepaar lehnte ab, daher wurde der Mann im Rettungswagen ins Krankenhaus nach Grevenbroich gefahren – obwohl es dort gar keine Urologie gibt.

Vorfall Nummer drei: Ein Rommerskirchener gibt an, mit einem Bandscheibenvorfall unter großen Schmerzen nicht nach Dormagen in die Orthopädie, sondern nach Grevenbroich gebracht worden zu sein, wo man mit ihm und seinen Beschwerden wenig habe anfangen können. Drei Tage später habe er es vor Schmerzen zu Hause nicht aushalten können und sollte wieder nach Grevenbroich gefahren werden. Erst nach der Androhung von Konsequenzen sei er dieses Mal nach Dormagen gebracht worden.

Gibt es zu wenig Rettungswagen im Kreis? Marc Zellerhof verneint. Neunzehn RTW, zehn Krankenwagen und fünf Notarztfahrzuge stünden zur Versorgung der Bevölkerung bereit. Kommunen und Kreis dürfen nicht einfach weitere Rettungswagen anschaffen, sondern müssen die dadurch entstehenden Kosten zuvor mit den Krankenkassen besprechen, die für Einsätze zahlen müssen. Der Rettungsdienstbedarfsplan wird alle fünf Jahre fortgeschrieben.

Krankenwagen fahren
auch andere Städte an

Dass bei rund 80 000 Einsätzen im Rhein-Kreis pro Jahr auch Fehler passieren, will Zellerhoff gar nicht ausschließen. Andererseits versichert er: „Wer Schmerzen hat und sich nicht zu helfen weiß, darf jederzeit die 112 wählen.“ Der Disponent in der Leitstelle entscheide nach kurzer Befragung darüber, welches „Rettungsmittel“ sich auf den Weg mache. Die Besatzung auf dem Rettungswagen entscheide nach Lage am Einsatzort, ob und wohin ein Kranker zu transportieren ist. „Dabei fahren wir aus Grevenbroich natürlich auch in Nachbarstädte wie Mönchengladbach, Neuss oder Düsseldorf, wenn dies Sinn macht“, sagt Zellerhof. Zum Beispiel, wenn ein Patient dort in Behandlung ist. Allerdings stünde der Rettungswagen während dieser Zeit nicht für andere Einsätze zur Verfügung. Deshalb müsse dies „abgewogen werden“.

Gesetzlich verpflichtet sei man, einen Kranken in das nächstgelegene und geeignete Krankenhaus zu bringen. „Im Einzelfall kann es sein, dass sich die Orthopädie in Dormagen in der Leitstelle abmeldet, falls dort alle Kapazitäten belegt sind“, sagt Zellerhoff. Und weiß, dass dies Menschen in Not und unter Schmerzen nur schwer zu vermitteln ist.

Zudem registriere der Rettungsdienst eine seit Jahren steigende Zahl von Einsätzen. Weil es mehr alte Menschen gebe und weniger Familien, die sich um Senioren kümmern. Zudem nehme die Zahl der Hausärzte ab, so dass viele vergeblich darauf warten, dass ihre Schmerzen von allein ­nachlassen.