Prozess am Amtsgericht Grevenbroich Klimaaktivistin sieht sich „nicht im Sinne des Strafgesetzbuches“ schuldig

Grevenbroich · Auch beim zweiten Verhandlungstag am Amtsgericht Grevenbroich in einem Verfahren gegen eine 37-jährige Frau aus Kiel gab es Symphatiebekundungen und Plakate vor dem Amtsgericht. Die 37-Jährige ist angeklagt, im Rahmen einer Protestaktion von Klimaaktivisten an der Blockade der Nord-Süd-Kohlebahn beteiligt gewesen zu sein. Was am Dienstag im Gerichtssaal geschah.

 Auch beim zweiten Prozesstag gab es Pakate und Solidaritätsbekundungen vor dem Amtsgericht.

Auch beim zweiten Prozesstag gab es Pakate und Solidaritätsbekundungen vor dem Amtsgericht.

Foto: Dieter Staniek

(kule) Ohne Urteil endete der zweite Verhandlungstag am Amtsgericht Grevenbroich in einem Verfahren gegen eine 37-Jährige aus Kiel. Sie ist angeklagt, im November 2021 bei einem Protest von Klimaaktivisten an der Blockade der Nord-Süd-Kohlebahn beteiligt gewesen zu sein. Der Prozessauftakt Ende September war von einem Punk-Konzert zwischen Transparenten mit Aufschriften wie „Kohleausstieg bleibt harte Arbeit“ vor dem Gericht begleitet worden. Später zogen Klima-Aktivisten durch die Stadt. Auch diesmal gab es laute Solidaritätsbekundungen außerhalb des Gebäudes.

Wegen der Blockade 2021 konnte auf den Schienen stundenlang kein Nachschub zum Braunkohlekraftwerk Neurath transportiert werden. RWE soll dabei nach eigenen Angaben ein Schaden von rund 1,5 Millionen Euro entstanden sein. Ob dieser so eingetreten ist, war am Dienstag nicht Thema des Verfahrens. Bislang habe RWE zivilrechtlich keine Ansprüche gegen sie erhoben, sagte die Angeklagte. Auch ein Zeuge, der zur Tatzeit die Verantwortung für den Betrieb innehatte, konnte über einen vermeintlichen finanziellen Schaden keine Angaben machen. Er schilderte, dass er um 5.30 Uhr Meldung erhielt, wonach das Kraftwerk nicht mit Kohle beliefert werden könne. Nachdem er um 12 Uhr erfuhr, dass die Blockade anhalte, habe er vier Blöcke auf schwachen Betrieb heruntergefahren. Erst gegen 22.30 Uhr sei ihm mitgeteilt worden, dass die Gleise wieder frei waren, gegen 4.30 Uhr konnte wieder Kohle geliefert werden.

Laut der Angeklagten habe die Blockade gezeigt, dass das Kraftwerk Neurath für die Stromversorgung nicht erforderlich sei. Zuvor hatte sie erklärt, dass man das „ganze Theater“ vor Gericht sofort beenden solle. Bei ihrer „vermutlich schon feststehenden Verurteilung“ sei ein faires Verfahren nicht zu erwarten. In den Prozessen wegen der Proteste im Revier gebe es „gewürfelte Urteile“. Die Angeklagte bekannte sich schuldig, „aber nicht im Sinne des Strafgesetzbuches“, sondern moralisch, weil sie ihrer Verantwortung gegenüber Umwelt und Natur nicht gerecht werde.

Richterin Claudia Zieschang ließ sich von ihren Erklärungen ebenso wenig beirren wie von vielen neuen Anträgen der Verteidigung. Sie nahm davon Kenntnis und verkündete: Das Verfahren wird am 30. Oktober fortgesetzt.