Benefizfestival in Grevenbroich So war die letzte Rocksommernacht am Kraftwerk

Frimmersdorf · Zwei Tage lang gaben Rockmusiker und -fans am stillgelegten Kraftwerk Frimmersdorf wieder Vollgas für den guten Zweck. An diesem Standort wohl zum letzten Mal. Alle beschäftigt die Frage, ob und wie es nächstes Jahr weitergehen kann.

Das Festival auf dem Gelände des stillgelegten Kraftwerks Frimmersdorf hat auch in diesem Jahr zahlreiche Rockmusik-Fans begeistert. Auf dem Foto sind die Musiker der Band „Antidepressiva“ zu sehen.

Foto: Staniek, Dieter

In „Schwarz Rot Gold“ waberte der Nebel zum gleichnamigen Song im Schatten der mächtigen Maschinenhalle des stillgelegten Kraftwerks Frimmersdorf. „Der Biker“ eröffnete am Freitag die Rocksommernacht 2024 mit einem kontroversen Song, in dem er über zu wenig Vaterlandsliebe singt.

Alles halb so wild, „Hauptsache Rockmusik“, sagt Veranstalter Hansi Holz. „Man muss auch mal eine andere Meinung akzeptieren. Man soll einfach Mensch sein, respektvoll sein.“ Bei der Auswahl der Bands ist ihm wichtig, dass die Musik vielfältig ist. Bei der Rocksommernacht dienen harte Musik und der gute Zweck als Bindeglied.

Am selben Abend des zweitägigen Festivals rockten „Ready to Burn“, und die beiden Dormagener Bands „Tight“ und „Todsünde“ weiter. Tags darauf heizten die Grevenbroicher „Bedlam Boys“, „Guns n Poses“, „Father and Son“ sowie die Stammgäste „Antidepressiva“ und „La Ultima“ rund 1500 Rockfans ein. Bands, die „die Leute ziehen“, wie Hansi Holz sagt. Headliner gibt es laut Organisatoren nicht. Denn man freue sich auf jeden einzelnen Musiker.

Bei bestem Festivalwetter hätte alles perfekt sein können. Doch ein Thema trübte die ausgelassene Rocknacht-Stimmung doch. „Stand heute findet die Rocksommernacht im nächsten Jahr nicht mehr statt“, sagt Holz. Das Werks-Areal steht für eine achte Auflage der Rocksommernacht nicht mehr zur Verfügung. Die Veranstalter sind aktuell auf der Suche nach einem neuen Festivalgelände.

„Wir versuchen natürlich alles, was in unserer Macht steht“, sagt Yvonne Ziechner, Vorsitzende des Vereins „Rock Sommer Nacht hilft“. Trotzdem sei die Stimmung im Team ernüchternd. „Weil ich eigentlich mit mehr Unterstützung der Stadt gerechnet habe. Gerade bei der finanziellen Unterstützung, die in den letzten Jahren in die Einrichtungen in Grevenbroich geflossen sind, wie Kindergärten, Schulen oder die Tafel“, so Ziechner. „Und es ist ja nicht nur Geld. Wir packen da auch immer mit an.“

Die Empfänger der Spenden, die durch das diesjährige Festival zusammenkommen, sind unter anderem die Elterninitiative Kinderkrebsklinik, die Jugendfeuerwehr Nettesheim und die Tafel in Grevenbroich.

Auch für andere Projekte werden dringend Spenden benötigt

Auch für andere Projekte werden die Spenden benötigt: „Wir haben zum Beispiel noch unsere Weihnachtsaktion. Da kaufen wir den Menschen, denen es nicht so gut geht, zu Weihnachten Essensgutscheine. Sodass sie an Weihnachten wenigstens ein schönes Essen und ein paar Sorgen weniger haben“, erklärt Hansi Holz. Doch ohne die Einnahmen aus der Rocksommernacht werde es schwer.

Das Festival soll unbedingt in Grevenbroich bleiben. Alles andere „kommt nicht in Frage“, so Holz. Aktuell gebe es zwar ein paar Ideen, aber die Organisatoren müssten prüfen, ob diese umsetzbar sind. „Was mich positiv stimmt, ist, dass sich die Stadt sehr zeitnah gemeldet hat. Das Gelände, was man uns angeboten hat, war der Kirmesplatz in Neukirchen“, erklärt Yvonne Ziechner. „Da haben wir aber schnell gesagt, das können wir den Anwohnern nicht antun. Dazu sind wir zu laut.“

Die Rocksommernacht gehöre nach Grevenbroich, denn „sie war von Anfang an in Grevenbroich”, spricht sich auch Jörg Kaiser, Frontmann von „Antidepressiva“ für den Verbleib des Festivals im Stadtgebiet aus. „Meiner Meinung nach ist das typisch Grevenbroich. Es sind ja schon mehrere Veranstalter weg aus genau diesen Gründen.“ Die Rocksommernacht ist für die Musiker immer „wie eine Art Familientreffen“. Kaiser kann sich noch gut an die erste Auflage erinnern. „Das erste Mal fand‘ ich cool. Da wussten wir absolut nicht, was passiert. Und als ich vom Backstage rausgeschaut habe, war der ganze Platz voll.“

Mittlerweile ist die Rocksommernacht ein etabliertes Festival. Während der Verein selbst elf Mitglieder zählt, setzen die Organisatoren während der Veranstaltung auf bis zu 50 Helfer. „Keiner von uns verdient hier einen Cent. Wir machen das alles ehrenamtlich“, sagt Ziechner. Allen gehe es um den guten Zweck. Sie erinnert sich an Sprachnachrichten von Kindern des Hauses St. Stephanus, denen der Verein Geld für einen Besuch im Disneyland Paris ermöglicht hatte. „Die haben sich so sehr bedankt. Sie haben gesagt, es war der schönste Tag ihres Lebens, und immer wieder Fotos geschickt. Da weiß man dann, warum man sich den Stress antut.“