Leckeres mit Tradition

Rot leuchtet ein großes Blech mit Erdbeeren und Gelatine. Darunter verbirgt sich wohl ein saftiger Kuchenteig. Das Blech liegt auf der Arbeitsplatte aus Edelstahl. Konditor Michael Wegel nimmt ein Messer und ein großes Lineal.

Damit schneidet er den Kuchen in etliche gleich große Stücke. Per Handarbeit — wie fast alles in der kleinen Konditorei. Nur ein Teigrührgerät, Kühlschrank und Ofen benutzt Wegel. Den Rest erledigen er und seine zwei Mitarbeiterinnen in der Backstube an der Michaelstraße per Hand.

„Wir machen hier alles selber, nach traditionellem Konditor-Rezept“, sagt Wegel. Halbfabrikate oder Fertigmischungen gebe es nicht, sagt er. Dafür Neusser Mehl und Früchte aus der Region. Die Verbundenheit zu Neuss wird bei Wegel besonders stark betont. Vor drei Jahren hat Michael Wegel zusammen mit dem Stadtarchäologen Carl Pause aus Roggenmehl, Honig und Gewürzen einen Knappkuchen gebacken — nach mittelalterlichem Rezept. Damals pilgerten Gläubige nach Neuss zum heiligen Quirinus. Die Knappkuchen wurden als Andenken und Proviant gebacken. Das Clemens-Sels-Museum hatte bei einer Ausgrabung ein Gebäck-Modell aus dem Mittelalter gefunden. Gemeinsam rekonstruierten Pause und Wegel das Rezept. Seitdem sind die Knappkuchen in der Konditorei wieder im Angebot. Außerdem ist Michael Wegel seit drei Jahren Teil der Stadtführungen von Neuss Marketing. Immer am Ende der Touren gibt es für die Besucher ein Gebäck der Konditorei. Die Süßigkeit mit dem Bekenntnis zur Heimatstadt ist auch im Laden gefragt.

Ansonsten ist das Angebot bei Wegel saisonal. Derzeit liegt viel Erdbeer- und Rhabarber-Kuchen in der Auslage. Insgesamt rund 25 verschiedene Torten und Kuchen. Die Auswahl ist groß, die Nachfrage aber auch. „Die Laufkundschaft ist wirklich stark“, sagt Wegel. Urspünglich hatte die Konditorei ihre Backstube in Kaarst ohne Verkaufsfläche. Beliefert wurde das Café zum Tulpenfeld am Rittergut Birkhof. So ist es bis heute. Mittlerweile seit 29 Jahren.

Zusätzlich hat Wegel vor 14 Jahren den Laden mit angeschlossener Backstube an der Michaelstraße eröffnet. Wegel hat eine Nische besetzt: Ein Familienbetrieb mit klassischer Konditor-Qualität, die sich von den Produkten der großen Bäcker-Ketten abhebt. Wegel ist auch als Caterer aktiv, beliefert vor allem Hochzeiten, Geburtstag und Kommunionfeiern. Der Straßenverkauf hat sich aber als starkes zweites Standbein entwickelt. Inzwischen gibt es noch einen weiteren Laden, nahe dem Johanna-Etienne-Krankenhaus

Der Verkaufsraum an der Michaelstraße ist liebevoll eingerichtet. Ein weißer, fast hundert Jahre alter Schrank ist ein echter Blickfang. Dazu passen der Stuck an der Decke und die Auslage voller Torten. Einzig moderner Gegenstand ist ein elektronischer Foto-Rahmen: Darauf präsentiert der Konditor Fotos seiner prachtvoll verzierten Torten.