Menschen in Meerbusch Martin Kästle lebt seit 1935 in Büderich

Büderich · Der gelernte Schmied wird am 24. Januar 90 Jahre alt. Im Gespräch mit unserer Redaktion erinnert er sich an seine Kindheit und seine Arbeit bei Böhler. Noch heute besucht er Klassentreffen, versorgt sich selbst und baut Uhren.

Martin Kästle feiert am 24. Januar seinen 90. Geburtstag.

Foto: Monika Götz

Die Heimat von Martin Kästle ist Büderich. Hier, auf der Hoxdelle, ist er am 24. Januar 1935 als neuntes von elf Kindern geboren. „Heute leben noch drei,“ betont der Senior und weiß: „Damals wurde die Hakenkreuzfahne herausgehängt, weil ein Sohn geboren war.“ Und er betont: „Wir hatten ein schweres, aber schönes Leben.“ Seine jüngere Schwester wohnt im Haus auf der Hoxdelle: „Sie hat unsere Eltern bis zum Tod gepflegt und dafür das Haus geerbt.“

Martin Kästle, dessen Frau Edith im Herbst 2023 verstorben ist, wohnt am Meisenweg: „Und das schon seit 68 Jahren.“ Die Schulzeit hat er zum Teil in Schlesien verbracht: „Dort wurde ich eingeschult und kam erst fünf Jahre später wieder nach Hause.“ Aber Horst Schönbeck schwärmt noch heute: „Die Zieh-Eltern, bei denen ich im Krieg mit der KLV (Kinderlandverschickung) untergebracht war, hatte einen Schlitten und Pferde mit Glöckchen am Hals – so wurden wir durch die Schneelandschaft zur Schule gebracht. Es war wunderschön, ich hatte großes Glück und eine sehr schöne Kindheit.“

Er erinnert sich, dass die Armut in dieser Zeit zusammengeschweißt hat: „Jeder hat jedem geholfen.“ Einige Jahre später, 1955/56, wurde in Büderich am Meisenweg – damals war das ein Sportplatz – ein Haus gebaut: „Da wusste ich noch nicht, ob ich meine Frau kriege,“ erzählt er lachend. Er kannte sie schon aus der Schulzeit: „Ich hatte immer Hunger. Und weil sie mein Kochgeschirr nicht richtig vollgemacht hatte, habe ich ihr bei der Schulspeisung die Zöpfe auseinandergezogen.“ Einige Jahre später, als er mit Freunden per Rad unterwegs war, sah er sie: „Du traust dich nicht, ihr nachzufahren“, meinten die Freunde.

Er wettete um eine Schachtel Zigaretten und zehn D-Mark und fuhr ihr nach. Laut lachend erzählt er: „Am selben Tag hat sie den ersten Kuss von mir bekommen. Das war am 5. Mai 1952, von dem Tag an waren wir zusammen und haben am 12. Mai 1956 im Büdericher Bürgermeisteramt – das war auch das Standesamt – geheiratet.“ Wer damals am Bürgermeisteramt vorbei Richtung Schule ging, musste am Spritzenhaus vorbei: „Und darunter war das Büdericher Gefängnis.“

Ab und zu ging es auch in Urlaub. 1955 beispielsweise mit Touropa-Reisen nach Garmisch. Unverheiratete durften damals kein Doppelzimmer buchen: „Für uns war je ein Zimmer für einen ‚halben Herrn und eine halbe Dame‘ – auf derselben Etage – gebucht. Als wir abfuhren, bat ich den Herbergsvater, ein Zimmer freizuhalten. Und er sagte: „Sie sind so verliebt, sie kommen bestimmt als Ehepaar wieder.“

Als sie dann im Mai 1956 an einem Samstag um 10.10 Uhr die Ehe-Urkunde unterschrieben hatten, setzten sie sich kurz nach 22 Uhr in den Zug nach Berchtesgaden. Zu dieser Zeit hatte Horst Schönbeck bereits das Schmiede-Handwerk erlernt, führte es 37 Jahre aus und arbeitete in der Böhler-Schmiede: „Ich denke, wir sind die einzige Familie – meine Frau war kaufmännische Angestellte – aus der fünf Mitglieder bei Böhler gearbeitet haben.“ Heute findet er gut, dass das Böhler-Areal erhalten blieb: „Trotzdem – ich finde es nicht schön, es wurde alles platt gemacht. Wenn ich heute in eine Halle gehe und bestimmte Pfeiler sehe, weiß ich genau, wo etwas stand.“

Das Ehepaar Schönbeck gehörte sehr aktiv den Zeugen Jehovas an und blieb kinderlos: „Aber wir sorgten für ein anderes Kind, das es zuhause nicht gut hatte. Heute lebt im Erdgeschoss unsere ‚Nenn-Enkelin‘, die bald heiratet.“ Die Schönbecks waren musikalisch: Er spielte als Trompeter und war viel unterwegs. Sein Hobby ist der Uhrenbau – Fotos von Exemplaren, die aus Bratpfannen oder alten Instrumenten entstanden sind, beweisen seine Handwerkskunst. Noch heute nimmt der 90-Jährige an Klassentreffen teil, nutzt seine Kochkünste und versorgt sich selbst.

Den runden Geburtstag möchte er nicht feiern: „Ich freue mich auf den Besuch der stellvertretenden Bürgermeisterin.“ Aber einen Wunsch hat er doch noch: „Ich bin Wassermann und würde gern mal ein paar Tage auf einem Schiff verbringen.“

(mgö stz)