Wie läuft es mit der Anpassung ans Klima? Meerbusch war 2024 zu warm und zu nass
Meerbusch · Das zurückliegende Jahr war eines der wärmsten und niederschlagsreichsten seit Beginn der Aufzeichnung. Wie sich die Stadt ans Klima anpassen will und was Bürger tun können.
Das Jahr 2024 war im Durchschnitt zu warm und zu nass. Das zeigen die Jahresdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) auch für den Raum Düsseldorf/Meerbusch. Die Messstation am Flughafen liefert den Wetterexperten zufolge wegen der Nähe auch zuverlässige Daten für Meerbusch. Die Bilanz ist eindeutig: „Definitiv gehört das Jahr 2024 auch im Raum Düsseldorf/Meerbusch zu den wärmsten seit Beginn der dortigen Wetteraufzeichnungen“, sagt Markus Winkler vom DWD.
In der Jahresrückschau interessieren vor allem Mittelwerte: Das Jahresmittel der Lufttemperatur lag demnach bei 12,3 Grad und damit 1,3 Grad über dem langjährigen Mittelwert von 1991 bis 2020. Betrachtet man den Mittelwert der 30 Jahre davor, von 1961 bis 1990, sind die heutigen Jahrestemperaturen sogar zwei Grad wärmer. Damit belegt das vergangene Jahr auf dem Ranking der wärmsten Jahre Platz drei, knapp hinter 2022 und 2023.
Dass die wärmsten drei Jahre auch die drei vergangenen sind, sei laut DWD bemerkenswert. „Das ist ein klares Indiz für eine sich weiter verstärkende Erderwärmung und ein Warnsignal nun endlich beim Klimaschutz zum verstärkten Handeln zu kommen“, sagt Winkler. „Als Gesellschaft und als Einzelne müssen wir unser Klima viel besser schützen“, appelliert er.
Diesen Wunsch hegen auch Naturschützer wie Andrea Blaum, Sprecherin der Meerbuscher Ortsgruppe des BUND. Am schlimmsten sei, dass eigentlich alle um die Dringlichkeit des Klimaschutzes wissen, aber zu wenige ihr Handeln anpassen. „Wir fahren mit dem Auto auf die Betonwand zu, aber das Verhalten ändert sich nicht“, zieht Blaum einen plastischen Vergleich. Die Stadt Meerbusch bewege sich mit verschiedenen Konzepten zwar in die richtige Richtung, sagt Blaum. Etwa mit dem Mobilitätskonzept, das unter anderem den Radverkehr stärken soll, oder mit einer Klima-Checkliste beim Bauen. In der Umsetzung hapere es aber noch. Bei Bauprojekten werde Baumbestand nicht ausreichend berücksichtigt oder Neupflanzungen als gleichwertiger Ersatz angesehen. „Bis der neue Baum genauso viel CO2 bindet, dauert es 50 Jahre. Die haben wir nicht“, sagt Blaum. Auch die Versiegelung offener Flächen anstatt in Baulücken zu gehen, sei kein guter Schritt.
266 Niederschlagstage
zählte der DWD
Die Stadt verweist in der Sache auf das Klimaanpassungskonzept, von 2020. „Viele Maßnahmen des Konzepts wurden bereits angegangen“, heißt es dazu auf Anfrage. Die Verwaltung zählt dabei den Hitzeaktionsplan, eine Stadtklimaanalyse, ein Konzept zum Starkregenrisiko-Management und die angesprochene Planungshinweiskarte mit Klima-Checkliste auf. Insgesamt entwickle die Verwaltung „gerade allgemeine Standardmaßnahmen zur Vorbeugung und Anpassung“, darunter die frühzeitige Information der Öffentlichkeit oder klimaangepasste Planungen. Neben der Politik müsse sich aber auch die Bevölkerung bewegen, findet Blaum. „Jeder von uns ist da in der Verantwortung. Das kann man nicht einfach nach oben abschieben“, sagt sie. Man könne etwa überlegen, ob auch für bestimmte Wege das Auto wirklich nötig sei oder seinen Fleischkonsum überdenken. Bei Politik und dem individuellen Verhalten sei insgesamt „noch sehr viel Luft nach oben“, bilanziert sie. Die Stadtverwaltung zeigt ebenfalls, wo Bürger „einen entscheidenden Beitrag zur Klimaanpassung in Meerbusch“ leisten können. Etwa könnten sie Dächer und Fassaden begrünen, versiegelte Flächen zurückbauen oder vorbeugende Maßnahmen gegen Starkregen treffen. Eine Gefahrenkarte zeige, welche Gebiete in der Stadt besonders betroffen wären. Bei Neubauten müsse Regenwasser zurückgehalten werden und versickern können.
Denn neben den Temperaturen lag 2024 auch die Menge des Niederschlags über der Norm. 266 Niederschlagstage zählte der DWD, in der Menge waren es auf das Jahr gerechnet etwa 130 Prozent des normalen Jahresniederschlags. Der viele Regen vermieste manchen die Sommerstimmung, brachte einigen Gastronomen schlechte Bilanzen. Gravierende Folgen hat die Nässe allerdings für Landwirte.
Schon bei einer Zwischenbilanz im Spätsommer war ein sehr schlechtes Erntejahr abzusehen. „Vom Wetter her war 2024 eine Katastrophe“, sagt Landwirt Rainer Roos nun. Auf seinem Hof in Nierst baut er unter anderem Erdbeeren und Getreide an. In den zurückliegenden Jahren habe man sich vor allem auf Sorten fokussiert, die mit Trockenheit gut zurechtkommen. Die vertragen aber nur schlecht Nässe. Auch könne man unterschiedlich gut gegen die Wetterextreme steuern: „Gegen Trockenheit kann man was machen, gegen die Nässe nicht“, sagt Roos. Mit dem Niederschlag stieg im vergangenen Jahr auch die Gefahr von Pilzbefall. Roos arbeite nun mit einem speziellen KI-Programm, das die Daten von vielen Flächen auswertet und früh vor Pilzen warnt. Entsprechend könne dann gezielt und effizient Pflanzenschutzmittel eingesetzt und der Pilzbefall eingedämmt oder verhindert werden. „Die Technik hilft uns da unheimlich“, sagt er mit Blick auf das kommende Erntejahr. Und: „Wir müssen es nehmen, wie es kommt“.