Alte Vikarie verliert ihr Gesicht
Das Fachwerk-Denkmal im Herzen Osteraths wird verputzt. FDP bedauert das. Morgen diskutiert der Kulturausschuss.
Die Alte Vikarie in Osterath wird nach der derzeit laufenden Sanierung ihr markantes Gesicht verlieren. Denn das Fachwerk wird komplett überputzt. Dies hat Ralf Stöcker von der Firma Stöcker Naturbaukonzepte aus Burscheid gestern bestätigt. „Es ist alles so mit dem Denkmalamt abgesprochen und genehmigt“, betonte Stöcker.
Dass das Fachwerk jetzt komplett verschwinden soll, moniert die Meerbuscher FDP-Fraktion in einem Antrag für den morgigen Kulturausschuss (17 Uhr, Dr.-Franz-Schütz-Platz 1). Sie fordert eine Prüfung seitens der Stadt. Die Verwaltung solle durchsetzen, dass die Vikarie nicht verputzt wird. FDP-Fraktionschef Klaus Rettig sagt: „Wir finden das sehr unglücklich, da das Fachwerk an dieser markanten Stelle im Ortskern von Osterath einen besonderen Reiz hat.“
Ein Meerbuscher Privatmann hatte das denkmalgeschützte Objekt bei einer Auktion vor einem Jahr in Köln für 75 000 Euro gekauft. Zuvor war die Vikarie im Besitz von Helmut Holzum, der das historische Gebäude 1999 erworben hatte. Er beauftragte einen Architekten mit der Sanierung. Diese erfolgte laut Unterer Denkmalbehörde jedoch nicht denkmalgerecht. Unter anderem war moniert worden, dass das tragende Fachwerk entfernt worden war. Die Behörde ordnete einen Baustopp an und forderte die Rückabwicklung der Sanierung. Der Besitzer zog vor Gericht und verlor. Seitdem herrschte Stillstand — bis jetzt.
Klaus Rettig weist auch auf die wechselvolle Geschichte des Bauwerks hin, dass mal verputzt und mal unverputzt war. Es gibt verschiedene Versionen von der Entstehung des Gebäudes. Eine besagt, dass die Alte Vikarie im 18. Jahrhundert in Ständerbauweise als Fachwerkhaus mit Krüppelwalmdach entstanden ist. Die FDP verweist aber auf eine Quelle, die das Entstehen des Gebäudes in die Zeit des 30-jährigen Krieges zwischen 1618 und 1648 festlegt. Auf Basis dieser Einschätzung sei auch der Denkmalstatus des Gebäudes begründet worden. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts sei der Bau demnach verputzt worden. In dem Gutachten aus dem Jahr 2002 heißt es: „Das Gebäude ist aufgrund konstruktiver Merkmale wie der ursprünglichen Geschossbauweise in seinem Ursprung dem 17. Jahrhundert, wenn nicht sogar dem 16. Jahrhundert zuzuordnen.“
Klaus Rettig sagt: „Es ist unstrittig, dass das Fachwerkhaus verputzt war. Allerdings scheint es so zu sein, dass Fachwerkhäuser aus dem 17. Jahrhundert erst später verputzt wurden.“ Verantwortlich dafür waren wohl auch obrigkeitliche Behörden, die ein Verputzen aus Gründen des Feuerschutzes empfahlen.