Auf dem Fehmeshof herrscht Hochsaison für Martinsgänse
An der Meerbuscher Stadtgrenze zu Kaarst wachsen etwa 800 Gänse auf, die ab Ende Oktober geschlachtet werden.
Aufgeregt schnattern die Gänse auf der Wiese am Rande des Meererbuschs, wenn sich ihnen neugierige Radfahrer nähern oder Autos vorbei fahren. Das erinnert an die Legende des Heiligen Martins, der von schnatternden Gänsen verraten worden sein soll, als er sich aus Angst vor der Bürde des Bischofsamtes in einem Gänsestall verstecke. Die Gänse schmoren deshalb seitdem rund um das Martinsfest im Backofen.
„Die Gänsezeit finde ich toll“, sagt Waltraut Hofmann, Besitzerin einer Geflügelschar, die jedes Jahr auf dem Fehmeshof von Bauer Berrisch groß gezogen wird. Und ergänzt: „Gänse sind mein Lieblingsgeflügel, und das jährliche Gänseessen ist schon etwas ganz Besonderes.“ Seit mehr als 25 Jahren gibt es die Gänsezucht bei Bauer Berrisch an der Broicherseite zwischen Bovert und Büderich. Die Anfänge liegen aber weiter zurück.
Als ihr Mann Josef noch ein Junge war, sei er auf die Idee gekommen, sein Taschengeld mit eigener Arbeit aufzubessern, erzählt Hofmann. Er habe sich Gänseküken gekauft und diese großgezogen. Daraus ist die heutige Aufzucht entstanden. Sie umfasst etwa 800 Tiere, die sich auf der Wiese direkt am Wald offensichtlich sehr fühlen.
Waltraut Hofmann, Gänsezüchterin
Sie kommen Anfang Juli im Alter von drei Wochen als Küken aus Norddeutschland nach Meerbusch. Die kleinen Gänschen haben zunächst noch etwas Flaum zwischen den Federn und müssen daher bei Feuchtigkeit im Stall bleiben. Aber kaum haben sie ein richtiges Federkleid, dürfen sie sich tagsüber nach Herzenslust auf der Wiese tummeln. „Unsere Tiere wachsen ganz natürlich auf. Wir füttern nur hofeigenen Weizen zu“, erzählt die Landwirtin. Trinken können die Tiere an dem Bächlein am Waldesrand oder in einer der Tränken auf der Wiese. „Unsere Gänse werden regelmäßig vom Tierarzt untersucht. Seit mehreren Jahren haben wir keine Medikamente mehr geben müssen.“ Hofmann hält die Aufzucht für unproblematisch. Aber natürlich müsse man Tiere und Ställe immer sauber halten. Abends marschieren die Tiere nämlich gruppenweise im Gänsemarsch in ihre feste Unterkunft. Läuft eine los, watscheln ihr schnatternd die Kollegen hinterher.
Zwischen Ende Oktober und Mitte Dezember haben die Gänse dann ihr Schlachtgewicht von 3,5 bis 6,5 Kilogramm erreicht. „Wir schlachten selbst auf dem Hof und haben dafür natürlich den notwendigen Sachkunde-nachweis“, unterstreicht Hofmann. Dazu versammelt sich frühmorgens eine Mannschaft aus acht Personen und macht den Tieren, die vorher separiert wurden, um die Herde nicht aufzuregen, den Garaus.
Die geschlachteten Tiere werden maschinell gerupft, abgeflämmt, ausgenommen und teilweise portioniert. „Wir verkaufen nicht nur ganze Gänse, sondern auch Brust oder Keule“, berichtet Hofmann. Man könne aber auch Hals oder Flügel bestellen. Aus den Resten und Innereien werden Suppen gekocht und Soßen zubereitet, die im Weckglas im Hofladen zum Verkauf stehen. Der Rotkohl im Glas wird mit Gänseflomen verfeinert.
Die meisten Gänse werden im November als Martinsgänse oder vor Weihnachten verkauft — eine Vorbestellung ist notwendig. Die Kunden können ein hofeigenes Rezept mitnehmen, wenn sie sich unsicher bei der Zubereitung sind. Waltraut Hofmann selber mag Gänse am liebsten klassisch — mit Maronen, Boskop-Äpfeln und Rotkohl. „Wenn die Familie Berrisch mit vier Generationen dann um den großen Tisch versammelt ist und die Gänse tranchiert werden, ist das ein ganz besonderer Moment.“