Büderich: Bürgermeister schämt sich für Sitzungssaal
Seit 35 Jahren wurde im Saal am Schütz-Platz kaum etwas gemacht. Jetzt soll zumindest das Gröbste erneuert werden.
<b>Büderich. "Man fühlt sich hier eigentlich immer beschissen." Vielen insbesondere jenen aus den eigenen Parteireihen stockte der Atem, als CDU-Fraktionschef Thomas Jung am Donnerstagabend im Sitzungssaal am Dr.-Franz-Schütz-Platz das Wort ergriff. Doch wirkte das im Hauptausschuss wie eine Erlösung: Nach und nach rückten auch die anderen Kommunalpolitiker mit ihren Empfindungen heraus. Das sei "schon Mist" hier, meinte Grünen-Chef Jürgen Peters, und CDU-Mitglied Franz-Josef Radmacher hielt sich, seiner eigenen Fraktion und allen anderen Sitzungsmitgliedern den Spiegel vor, als er sagte: "Wenn man es in 35 Jahren nicht schafft, in einem vernünftigen Saal zu tagen, das kann man nicht verstehen. Das ist blamabel."
Das findet auch Bürgermeister Dieter Spindler und der ist bekanntlich überhaupt kein Freund von verschwendetem und machtstrotzendem Luxus. "Die letzte Sitzung mit dem Landrat hat bei den Wirtschaftsbetrieben Meerbusch in Osterath stattgefunden, weil mir das einfach peinlich hier ist."
So offen war vorher noch nie über die beschränkten Möglichkeiten der Stadtverwaltung geredet worden: Ausgerechnet in der gerne für statistische Superlative und zur Anheizung von Neiddiskussionen zitierten "Stadt der Millionäre" werden wegweisende politische Entscheidungen in einer Bruchbude gefällt. Und letzterer Begriff soll keinesfalls einem belustigenden Vergleich dienen: Die Balkontüren des Raums sind zugeschraubt, weil sich jene, die dort Luft schnappen würden, womöglich schnell eine Etage tiefer auf dem Boden der Tatsachen befänden: Einsturzgefahr!
Dabei würden sich viele Gäste des Hauses freuen, wenn sie mal ihre Beine vertreten könnten: Die hölzerne Besucherbank im Stil einer historischen Bahnhofsvorhalle lässt Dauersitzungen zu einer persönlichen Suche nach der entspannendsten Schonhaltung werden. Da haben es die Kommunalpolitiker leichter. Sie sitzen auf Möbeln, die gepolstert sind. Für die Erneuerung der Polster hatte übrigens damals ein Mitarbeiter der Verwaltung gesorgt. Der eigentlich löbliche Sparkurs hat tiefe Tradition, wie ein anderes Beispiel zeigt: Als vor etlichen Jahren hoher kirchlicher Besuch anstand, dienten die Deckchen der Mutter eines heutigen Mitarbeiters als Tischschmuck.
Damit diese Anekdoten endgültig zum historischen Kapitel der Stadt gehören, soll der Sitzungssaal jetzt umgebaut werden: 100 000 Euro müssten laut
100 000 Euro für eine "kleine Lösung"
Verwaltung investiert werden, alleine bis zu 25 000 Euro könnte eine anständige Klimaanlage kosten, weitere 35 000 Euro würden durch neues Mobiliar verschlungen. Von dem restlichen Geld sollen der Parkettboden und die Beleuchtung erneuert, eine versenkbare Leinwand und ein Beamer eingebaut sowie insgesamt die Beleuchtung und Verkabelung modernisiert werden. Hinzu kämen Renovierungsund Umgestaltungsarbeiten. Eine "kleine Lösung", die viel Geld kostet, meinten viele Kommunalpolitiker, und so regte Grünen-Chef Peters an, doch nach alternativen Räumen Ausschau zu halten. Der Bürgermeister möchte in Zukunft jedoch nicht weiter bei WBM-Geschäftsführer Manfred Weigand "betteln gehen".
Das Flehen hatte Erfolg: Bei vier Enthaltungen sprachen sich die Mitglieder des Hauptausschusses für eine Modernisierung des Sitzungssaales aus einen zeitgemäßen Saal wird die Stadt damit noch längst nicht haben.